Das tiefe Tal der Tränen

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elke17 Avatar

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Der Protagonist in Jonathan Coes neuem Roman "Die ungeheuerliche Einsamkeit des Maxwell Sim" benimmt sich schon reichlich seltsam: Offensichtlich gerade von einem dreiwöchigen  Auslandsaufenthalt in Sydney ins graue, verregnete Watford, Hertfordshire zurückgekehrt, geht er nicht schnurstracks nach Hause, sondern setzt sich zuerst einmal auf eine Parkbank und schaut den vorbeieilenden Passanten nach, zu denen er keinerlei Verbundenheit mehr spürt. Der einzige Mensch, der zu ihm Verbindung aufnimmt, ist ein Kleinkrimineller, der ihn seines Handys beraubt...

Als er nach Hause kommt, wird er von niemandem erwartet, denn es scheint, als ob ihn seine Frau Caroline mit der gemeinsamen Tochter Lucy verlassen schon vor einiger Zeit verlassen hat. Kaum Post, keine privaten Nachrichten auf dem Antwortbeantworter, keine Facebook-Mitteilungen und von 137 E-Mails ist lediglich eine von einem Freund, der sich mit ihm auf ein Bier verabreden möchte...

Die Reflexionen über seine Ehe mit Caroline und deren Scheitern legen nahe, dass es sich bei Maxwell um einen jener typischen Männer handeln muss, der seine Empfindungen ganz tief vergraben hat und unfähig ist, sich seinen Emotionen zu stellen. Daraus scheint mir, soweit ich das anhand der kurzen Leseprobe beurteilen kann, auch seine grenzenlose Einsamkeit und Traurigkeit zu resultieren.

Coe gelingt es ganz hervorragend, diese deprimierende Stimmung zu beschreiben. Der Text fliesst elegant dahin und erzeugt eine ganz besondere Atmosphäre - fasst glaubt man, die Einsamkeit greifen zu können und entwickelt als Leser Mitleid mit der Hauptfigur.

Ob Maxwell aus diesem tiefen Tal der Tränen wohl wieder herausfindet. Und wenn ja, wie? Das würde mich wirklich brennend interessieren...