Gelungene Fortsetzung dieser großartigen Fantasy-Saga

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INHALT
Soeben wurde Ophelia zur Vize-Erzählerin am Hof von Faruk erkoren und wähnt sich damit endlich in Sicherheit. Doch kurze Zeit später erhält sie anonyme Drohbriefe: Wenn sie ihre Hochzeit mit Thorn nicht absagt und den Pol verlässt, wird ihr Übles widerfahren, heißt es darin. Und damit wäre sie nicht die Einzige: Um sie herum verschwinden plötzlich bedeutende Persönlichkeiten der Himmelsburg. Kurzerhand beauftragt Faruk Ophelia mit der Suche nach den Vermissten. Und so stürzt sie sich in riskante Ermittlungen, bei denen sie es nicht nur mit manipulierten Sanduhren, sondern auch mit gefährlichen Illusionen und zwielichtigen Gestalten zu tun bekommt. Am Ende steht eine folgenschwere Entscheidung …
Vom glamourösen und behüteten Hof der Himmelsburg in das bedrohliche Universum der Sanduhren – um ihr Leben und das ihrer Familie zu retten, muss Ophelia an ihre Grenzen gehen. Und das in einer Welt, in der sie nicht weiß, wem sie trauen kann. Vielleicht nicht einmal ihrem zukünftigen Ehemann Thorn?
(Quelle: Insel Verlag)
MEINE MEINUNG
Das Jugendbuch „Die Spiegelreisende – Die Verschwundenen vom Mondscheinpalast“der Debütautorin Christelle Dabos ist bereits der zweite Teil des großartigen, vierteiligen Fantasy-Epos, das inzwischen als Welterfolg gefeiert wird. Die fesselnde Fortsetzung entführt uns erneut in die fantasievollen Welten der Archen und rivalisierenden Familienclans und hält so manches gefahrenvolle Abenteuer für die liebenswerte Heldin Ophelia bereit.
Geschickt fasst ein vorangestelltes Kapitel “Was im ersten Buch geschah” noch einmal kurz die Ereignisse des ersten Bandes zusammen, so dass einem der Einstieg in die Fortsetzung nicht schwer fällt. Eine sehr übersichtliche Skizze zu den komplizierten Familienverhältnissen der Polfamilien und eine anschauliche Zeichnung der schwebenden Himmelsburg helfen zudem dabei, den Überblick zu bewahren und sich beim Lesen zurecht zu finden .
Mit Christelle Dabos’ bildhaften, mitreißenden und humorvollen Schreibstil gelingt es recht schnell, wieder in die faszinierende Geschichte abzutauchen und sich in der komplexen Welt zurecht zu finden. Besonders begeistern konnte mich die faszinierende, sehr liebevoll ausgestaltete Fantasywelt mit den vielen originellen magischen Details und interessanten Schauplätzen. Auch die Geschichte, in der nichts so ist, wie es auf den ersten Blick scheint, entwickelt sich sehr fesselnd und ereignisreich weiter und zieht einen schon bald völlig in ihren Bann. Auch nach ihrer Einführung am Hof des unberechenbaren Familiengeists Faruks ist Ophelia keineswegs sicher vor hinterlistigen Intrigen, versteckten Drohungen und gefährlicher Magie. Als ihre Familie aus Anima zum Pol anreist, muss sie sich zu allem Überfluss nicht nur um ihr eigenes Leben sorgen. Mit dem unerklärlichen Verschwinden von bedeutsamen Persönlichkeiten von der Himmelsburg kommt immer mehr Spannung und Tempo in die wendungsreiche Geschichte, die sich zusehends zu einem nervenaufreibenden Krimi entwickelt. Aufgrund ihrer einzigartigen Fähigkeiten soll Ophelia die Vermissten wieder aufspüren und gerät schon bald durch ihre hartnäckigen Nachforschungen in höchste Gefahr. Zudem versteht es die Autorin durch eingestreute “Fragmente” einer weiteren Handlungsebene, zusätzliche Spannung aufkommen zu lassen. Ihre zeitliche Einordnung und Bedeutung für die Geschehnisse bleibt lange Zeit unklar, ist aber offensichtlich für die Hintergrundgeschichte der Archen und der Urahnen von großer Relevanz.
Die Autorin hat Ophelia als eine lebendige, vielschichtige Protagonistin angelegt. Mit ihren Unzulänglichkeiten und Verletzlichkeiten wirkt sie sehr authentisch und sympathisch. Als Animistin hat sie die außergewöhnliche Gabe, die Vergangenheit von Gegenständen durch Berühren zu “lesen” und kann durch Spiegel reisen. Während wir sie anfangs als eine wissbegierige, eigensinnige, eher tollpatschige und zurückhaltende junge Frau erlebten, macht sie im Laufe der abenteuerlichen Handlung eine erstaunliche Entwicklung durch und reift zu einer starken Persönlichkeit heran, die sehr selbstbewusst und unbeugsam ihren Weg geht.
Auch der interessante Charakter von Ophelias Verlobtem Thorn gewinnt in diesem Band deutlich an Tiefe und Profil. Er ist als ein überaus faszinierender “Antiheld” angelegt, der sehr abweisend, undurchschaubar und verschlossen wirkt, da er seine Emotionen kaum zeigen kann. Dennoch muss man ihn einfach in sein Herz schließen, denn hinter seiner eiskalten Fassade erkennt man bald, wie viel Zuneigung und Hochachtung er seiner Verlobten entgegenbringt.
Eine interessante Entwicklung nimmt daher auch die Beziehung zwischen Ophelia und Thorn, deren Hochzeit immer näher rückt. Ophelias Abneigung für ihren Verlobten Thorn hat sich noch verstärkt, seit sie inzwischen die Hintergründe ihrer Heirat kennt. Doch muss auch sie erkennen, dass sie in ihm einen verlässlichen Verbündeten und den einzigen Vertrauten am Pol hat.
Auch die verschiedenen, sehr facettenreich und undurchsichtig angelegten Nebenfiguren sind hervorragend gelungen und immer wieder für eine Überraschung gut.
Die überraschenden und sehr dramatischen Entwicklungen zum Abschluss des zweiten Bands machen sehr neugierig auf die Fortsetzung dieser tollen Fantasy-Saga.
FAZIT
Eine gelungene Fortsetzung dieser originellen, packenden und vielschichtigen Fantasy-Serie. Großartige Fantasy-Unterhaltung mit einer sehr liebenswerten Protagonistin und tollen undurchsichtigen Charakteren!