Verstörend!

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Dieses Buch erzählt die wahre Geschichte von Bernhard Mares, der 1924 als uneheliches Schandmal in Wien das Licht der Welt erblickte. Unmittelbar danach landet er im Waisenhaus. Zunächst scheint er Glück zu haben, denn eine kinderlose Frau nimmt ihn als ihren Sohn an und umsorgt ihn liebevoll. Unglücklicherweise verliert er sie nach wenigen Jahren aufgrund einer schäbigen Intrige. Er wird ein zweites mal einem Waisenhaus übergeben. Nonnen kümmern sich hier um die Waisenkinder. Und wie sie sich kümmern!

Was von dieser Zeit für immer bleibt, ist die Erinnerung an seinen besten Freund Rudy, der sich durch das ganze Buch zieht.
Die nächste große Station im Leben dieses verlorenen Menschen ist die SS. Hier wird er aktiver Teil des 2. Weltkriegs. Abscheuliche Szenen werden in dem Buch beschrieben. Während dieser Zeit lernt er die Liebe seines Lebens, Sofie Rubenstein, kennen. Eine Jüdin, deren Schicksal eigentlich schon entschieden ist. Dank Mares wird sie jedoch das Dritte Reich überleben. Er liebt Sofie abgöttisch! Besonders rührend fand ich die Briefe, die er ihr später aus dem Gefängnis schrieb.

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges werden die Karten gänzlich neu gemischt. Bernhard Mares kommt zugute, dass er fließend tschechisch spricht. Es gelingt ihm seine SS-Vergangenheit zu vertuschen und eine neue Laufbahn als Kommunist einzuschlagen. Als er versucht in die BRD zu flüchten, wird er aufgegriffen und kommt ins Gefängnis. Die Odysee durch verschiedene tschechische Gefängnisse dauert insgesamt 20 Jahre. Die abartigen, an Gewalt kaum zu überbietenden Erfahrungen aus dieser Zeit haben mich sehr verstört! Ich bin nicht zimperlich. Den Archipel Gulag habe ich auch schweren Herzens verkraftet, aber das, was hier beschrieben wird ist dermaßen ekelerregend, wie ich es bislang literarisch noch nicht erlebt habe.
Das Thema Sex zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch. Es trieft sozusagen vor Sexualität! Mir Persönlich war das zuviel. Mares erzählt seinem Biografen Formanek nahezu stolz, dass er sich einmal beinahe zu Tode gefickt hätte. Dann war sein Leben wenigstens nicht umsonst bei soviel Sex! Jedenfalls bleibt Bernhard Mares sein Leben lang beziehungsgestört.

Das Buch erzählt von einer Zeitspanne von 84 Jahren, von einem unglaublich ereignisreichen Leben, aber wenn ich irgendwann einmal an dieses Buch zurückdenken sollte, werde ich zuallererst an Sex und weibliche Geschlechtsteile denken, die so "nett" hier beschrieben werden.
Schade! Eigentlich wäre da sicher mehr Potential gewesen, denn inhaltlich und poetisch betrachtet bietet dieser Roman wirklich sehr viel! Nur, dass alles übertüncht ist vom männlichen Sperma und weiblichen Genital.
Bernhard Mares hat ein gutes, mitfühlendes Herz. Auf seine bizarre Art ist er ein Sympathieträger, aber absolut keine Identifikationsfigur für mich!

Alles in allem: sehr, sehr verstörend!