Russische Seele - sehr politisch und etwas distanziert

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marakkaram Avatar

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** Ihr Mitleid für Inna hielt sich in Grenzen. Aber wie rücksichtslos die Zarin über das Schicksal zweier Menschen entschied, das verursachte ihr Magendrücken. Ob sich diese Verhältnisse jemals ändern würden? **

"Die Zarin und der Philosoph" ist der zweite Band der St. Petersburg Reihe aus der Feder von Martina Sahler und kann völlig unabhängig vom ersten Teil gelesen werden.

Die Autorin konzentriert sich diesmal auf den Zeitraum 1762-75, die Zeit Katharina der Großen. Sie stellt ihr dabei fiktive sowie historisch belegte Personen an die Seite und verwebt sie geschickt miteinander. Trotz eines Personenregisters musste ich mich auf diese Vielzahl an Personen, auch Hauptpersonen und mehr oder weniger wichtige Handlungsstränge, erst einmal einstellen.

Genauso wie auf den Schreibstil, der die "russische Seele" hervorragend wiederspiegelt. Und der an sich auch recht angenehm zu lesen ist, aber hier und da auch etwas trocken und vor allem distanziert.

Ich hatte einen tieferen Einblick in das Leben Katharina der Großen erwartet, mehr private Gedanken und die persönliche Seite der Zarin. Aber die Geschichte wimmelt nur so von vielschichtigen Figuren und da kommt die Zarin tatsächlich irgendwie zu kurz. Martina Sahler beleuchtet sie sehr gut von aussen, über die Meinung anderer, aber sie bringt sie einem nicht wirklich näher. Das fand ich unheimlich schade. Sie ist definitv eine starke, polarisierende Persönlichkeit und als Leser schwankt man immer wieder zwischen Entsetzen und Bewunderung. Allein schon aus diesem Grund, hätte ich gern einen tieferen Zugang zu ihr gehabt.

Das betrifft auch ihre Ziehtochter Sonja. Es fehlte das Zwischenmenschliche, das ihren Hass wirklich greifbar macht.
Der Roman setzt sich einfach aus vielen Momentaufnahmen mit großen Zeitsprüngen zusammen. So werden Themen oft nur angeschnitten.

Die historischen Fakten sind gut recherchiert und man spürt die Liebe der Autorin zu St. Petersburg und dem Land. Mir persönlich war es leider ein wenig zu politisch und die Charaktere zu unnahbar. Wie immer ist alles Geschmackssache, aber ich hatte gehofft, dass mir der Roman Russland und seine Geschichte ein wenig näher bringt und in der Hinsicht hat er meine Erwartungen nicht so ganz erfüllt.