interessante Einblicke in ein wichtiges Thema

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marialein Avatar

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Das Thema digitale Diagnosen ist sehr viel komplexer als ich zu Anfang vermutet hatte. Natürlich haben wir alle schon mal von den plötzlichen ADHS- und Autismusdiagnosen gehört, die "rein zufällig" immer nach Konsum entsprechender TikToks auftreten. Aber wie weit wir den Hang zum vorschnellen Diagnostizieren schon verinnerlicht haben, war mir gar nicht so bewusst. Natürlich legt die Autorin auch dar, welche Konsequenzen dieser Trend haben kann - für Creator, Betroffene und die Gesellschaft im Allgemeinen.

Hier fand ich einerseits gut, dass die Autorin da verschiedene Aspekte beleuchtet, wie die neoliberale Gesellschaft, vor deren Hintergrund verschiedene psychische Phänomene überhaupt erst gefördert werden. Andererseits fand ich den Fokus auf das Thema kapitalistische Leistungsgesellschaft nicht immer nachvollziehbar. Vielleicht hätten mehr konkrete Beispiele ihren Gedankengang besser verständlich machen können, aber mir erschien es beim Lesen irgendwie zu einfach, zu behaupten, dass wir doch über soziale Medien nur deshalb zur Self Care und Achtsamkeit angehalten werden, um damit unsere eigene Leistungsfähigkeit zu stärken oder zu mehr Konsum animiert zu werden.

Überhaupt fand ich, dass die Beispiele, die Laura Wiesböck bringt, zwar sehr gut gewählt sind, aber insgesamt hätte ich mir viel mehr davon gewünscht. Ansonsten hat man streckenweise das Gefühl, dass Dinge einfach behauptet, aber unzureichend belegt werden.

Dennoch finde ich das Thema sehr interessant und das Buch hat mir einige interessante Sichtweisen darauf bieten können. Lesenswert ist es auf jeden Fall, wenn man weiß, was einen erwartet. Es geht einerseits über die bloße Betrachtung des Themas psychische Gesundheit in den sozialen Medien hinaus, andererseits ist es zu flach und wenig anschaulich, um daraus politische Statements abzuleiten.