Verstörendes Porträt eines Mörders

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kainundabel Avatar

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Tille Storkema ist Bauer, Ehemann, Vater zweier Kinder – und Mörder der sechzehnjährigen Rosalinde. Das wissen Leserinnen und Leser von Anfang an, sie werden also nicht auf die Folter der Suche nach einem unbekannten Mörder gespannt. Kann eine solche Geschichte trotzdem spannend sein? Sie kann, und sie ist zugleich verstörend, irritierend, unfassbar.
„Sie haben mich an einem Sonntagabend aus dem Haus geholt … , als es schon fast dunkel war und niemand dadurch etwas von der Festnahme bemerken würde.“ Bis zu diesem Zeitpunkt sind dreizehn Jahre seit der Tat vergangen. Wie hält man so ein Leben so lange aus? Der Täter sieht sich in seinen quälenden Gedanken nicht als Mörder, er redet sich einen „Unfall“ ein, für den er Rechtfertigungen sucht. Er unternimmt auch nichts, als die Dorfbewohner „die Asylanten“ kurzerhand für sich als Täter ausgemacht haben.
Dem Niederländer Peter Middendorp gelingt es großartig, Leserinnen und Leser am Leben Tille Storkemas teilnehmen zu lassen und dabei alle Register der Erzählkunst zu ziehen. Man ertappt sich dabei, Sympathien für den Mann zu entwickeln, der stets versucht, ein guter Familienvater zu sein. Aber die bohrenden Erinnerungen holen beim Lesen immer wieder zurück auf die Ebene der schrecklichen Tat. Da gibt es nichts zu beschönigen, zu relativieren, zu rechtfertigen.
Die überaus positiven Reaktionen auf Middendorps Roman in den Niederlanden sind absolut nachvollziehbar und wären dem Buch auch in Deutschland zu wünschen.