Schufans leben gefährlich

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sendorra Avatar

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Um Peter James habe ich bisher meist einen Bogen gemacht. Zu groß erschien mir sein Name auf seinen Büchern. Für mich ein Indiz dafür, dass der Autor wichtiger ist, als das Werk. Dennoch schnupperte ich in sein neues Werk "Du sollst nicht sterben". Die ersten Seiten machten mich neugierig. Es beginnt schnell und spannend. Mit flüssigen, einfachen Sätzen führt James Charaktere und Verdächtige ein und eröffnet mannigfaltige Motive und Möglichkeiten. Perfekt als Krimi zwischendurch. In Hoffnung auf eine kurzweilige Lektüre lies ich mich also auf den Thriller ein.

**Ein alter, neuer Fall**

Ende der 1990er-Jahre trieb ein Serientäter in Brighton sein Unwesen. Vergewaltigte Frauen die hochwertige Designerschuhe trugen und stahl ihnen diese nach der Tat. So plötzlich wie die Serie begann, endete sie auch. Nun – zwölf Jahre später – scheint der "Schuhdieb" wieder aus der Versenkung aufgetaucht.

In seinem sechsten Fall öffnet Detective Superintendent Roy Grace diesen alten Fall, um dem aktuellen Geschehen auf den Grund zu gehen.

**Starker Start und starke Opfer**

Schnell treten die Verdächtigen auf. Interessante, kantige Charaktere. Da macht es Spaß zu knobeln, wer es denn nun sein könnte. Ob das alles nicht viel zu offensichtlich ist. Ob es noch einen Schattenspieler geben könnte. Selbst gegen Ende des Buches schafft es James noch, mit den Vermutungen des Lesers zu spielen.

Positiv auch die Opfer. Die Frauen sind starke Persönlichkeiten, die sich nicht einfach überfallen lassen und schreiend durch die Gegend rennen. Die meisten haben durchaus Köpfchen, sind taff und versuchen ihr Möglichstes der Gefahr zu entkommen.

**Zäh und langweilig**

Das waren dann aber leider auch schon die Punkte auf der Habenseite. Von wegen „kurzweilige Lektüre für zwischendurch“. Zäh und gelangweilt kämpfte ich mich durch den knapp 400-seitigen Wälzer. "Du sollst nicht sterben" beginnt stark, um dann ganz stark nachzulassen.

Immer und immer wieder wiederholt sich der Autor. Ja, der "Schuhdieb" überfällt nur Frauen, die Designerschuhe tragen. Ja, er plant den Überfall wohl von langer Hand. Ja, er wählt seine Opfer anscheinend in Luxus-Schuhläden aus. Und ja, man könnte ihn wohl wütend machen und zu Fehlern reizen, wenn man in der Presse verlautbaren lässt, dass er einen kleinen Penis hat. Das ist ja alles schön und gut, aber muss das bis in den Showdown in jedem Kapitel wiederholt werden? Nein! Die meisten Leser sind nicht dumm. Die können sich so etwas merken.

**Vorurteile aus der Mottenkiste**

Auch das Täterbild ging mir gehörig auf die Nerven. Mehr oder weniger deutlich schwingt eine grundsätzliche Verurteilung von sexuell anders Orientierten durch die Zeilen. Fetischisten sind Perverse. Wenn jemand Frauenkleidung trägt, Schuhe und Füße erregend findet, dann ist das nicht normal. Dieser Grundtenor machte mich wütend. Solche Ansichten gehören in die Mottenkiste der Geschichte! Selbst wenn diese Vorurteile bei Polizisten unter Umständen noch verbreitet und somit hier realistisch beschrieben sein sollten.

Genauso wie die Verallgemeinerung, dass alle Frauen Designerschuhe und hohe Absätze lieben. Nur mal so nebenbei...

**Gut strukturiert**

James unterteilt seinen Thriller in Sequenzen aus der Vergangenheit und dem aktuellen Geschehen. Außerdem fließen ab und zu "Tagebucheinträge" des Täters zwischen die Kapitel ein. Das klingt vielleicht etwas verwirrend, da es aber gut strukturiert ist, findet sich der Leser gut zurecht.
Überhaupt nicht schlimm empfand ich es, die anderen Bände (bis auf das Erste) nicht zu kennen. Ab und an spielt James unnötiger Weise auf einen der Vorgänger an, aber das stört kaum. Für Fans der Serie mögen solche Hinweise interessante Erinnerungen an Erlebtes sein.

**Mein Fazit**

"Du sollst nicht sterben" bleibt mir als langweiliger, vorurteilsbelasteter Krimi mit starken Täter- und Opfercharakteren und ebenso blassem wie tranigem Protagonisten im Gedächtnis.