Besonders, aber nicht besonders gut

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romy_abroad Avatar

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In seinem Debütroman "Dunkler Raum" begleitet Peter Robert zwei Familien: Lutz Helsinger und seine Frau sind gerade aus einem typischen Problemviertel in ein ländlich gelegenes Internat gezogen. Dort wird Lutz als Hausmeister und seine Frau als Lehrerin arbeiten, während ihre Kinder dort zur Schule gehen können. Vorbei sind die Zeiten in der Hochhaussiedlung, die geprägt waren von Kriminalität, Armut und Besuchen des Jugendamts. Weniger Glück hat ihre Nachbarin von damals: Regina wohnt mit ihren Kindern weiterhin unter beengten Umständen, nagt am Hungertuch und muss kreativ werden, um ihre Kinder alleine durchzufüttern. Während ihr Sohn immer mal wieder mit der Polizei in Konflikt gerät, schwänzt ihre Tochter viel zu oft die Schule. Nachdem nun auch noch die befreundeten Nachbarn, deren Kinder einen guten Einfluss auf ihre eigenen Kindern ausgeübt hatten, weg gezogen sind, befürchtet Regina dass ihre Kinder immer weiter abrutschen werden.
Doch noch bevor sich der Leser intensiver mit den Problemen der einzelnen Familien oder Protagonisten beschäftigen kann, kommt es zu verschiedenen Vorfällen: Alles beginnt damit, dass der Sohn von Lutz bei ihrer ersten richtigen Familienfeier in ihrem neuen Zuhause Gut Vogelstein einen Hasen im nahe gelegenen Wald einfängt und ihn vor den Augen der geschockten Gäste enthauptet. Verflogen ist die gelöste Stimmung und eine bedrohlich-düstere Schwere legt sich auf die Erzählung. Weitere Zwischenfälle ereignen sich und es wird deutlich, dass es einen Zusammenhang zwischen ihnen gibt.

Zwei Dinge sind mir an "Dunkler Raum" ganz besonders aufgefallen: Die unwahrscheinlich langatmige Erzählweise einerseits und die wirklich beispiellose Sprache. Man merkt als Leser, dass der Autor auf etwas hin schreibt. Etwas Großes, Fantastisches, Außergewöhnliches. Er nimmt sich Zeit, eine Geschichte entstehen zu lassen, die als Leinwand fungiert für die eigentliche Geschichte. Doch während der Autor an seiner Leinwand feilt, Pinselstrich um Pinselstrich, weiß der Leser nicht, wohin die Reise gehen soll und ist unsicher, worauf er sich eingelassen hat. Unterwegs gibt es einiges zu entdecken, denn der Autor ist ein Künstler der Worte, sodass jeder Satz zum Abenteuer wird. Teils rätselhaft, teils anspruchsvoll-poetisch beschreibt er den Alltag und die Persönlichkeiten der handelnden Protagonisten. Er beweist, dass er das Handwerkszeug besitzt, um einen einzigartigen Roman zu schreiben: eine zündende Idee und eine individuelle Erzählweise. Doch leider hat mal als Leser das Gefühl, der Motor unseres Reisebusses kommt unterwegs ins Stocken. Es herrscht viel Getöse und Aufruhr, doch voran kommen wir nicht mehr. Die Geschichte dümpelt vor sich hin, es gibt ein paar Situationen, die den Leser stirnrunzelnd zurück lassen und es schwer machen, der Erzählung zu folgen. Man hat den Eindruck, der Autor will den Leser gewaltsam zwingen, seinem Roman weiter zu folgen, auch wenn dieser schon vor einigen Kapiteln mental ausgestiegen ist.

Insgesamt hatte ich mich sehr auf dieses Buch gefreut und dem Autor viel zugetraut, leider hat sich die Geschichte ganz anders entwickelt, als ich erwartet hatte. Mich hat das Ganze eher verstört als begeistert, trotzdem bin ich mir sicher, dass Peter Robert mit seinem Debütroman, der besonders durch die außergewöhnliche Sprache hervorsticht, viele Leser begeistern wird.