"Ups."

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
nahadriel Avatar

Von

Fangen wir außen am Buch an: Das Cover.
Dieses finde ich persönlich im Zeichenstil zwar echt okay, aber inhaltlich irgendwie irreführend. Es sieht viel unruhiger, trashiger aus als die Geschichte - respektive die Leseprobe - wirkt; also optisch nicht schlecht, aber irgendwie seltsam unbefriedigend.

Nun zum Inneren: Die Leseprobe.
Leider ging ein gutes Fünftel der Leseprobe für das Cover und die Vorseiten drauf. Find ich grundsätzlich schade - so verschenktes Raumpotenzial, den man für die eigentlich zu beurteilenden Dinge, den Text, hätte nutzen können -, in diesem besonderen Fall aber besonders schade, denn: Der Text ist wirklich gut.
Jen ist ein Mensch, dem man sagen will "Liebe Jen, 'subtil' ist wie mit einem Buttermesser einen Baum fällen." Irgendwie treibt sie dahin wie ein trudelndes Blatt im Wind - nicht unzufrieden, nicht antriebslos, aber auch nicht so recht zielstrebig. (So ist sie zum Beispiel aktiv und hat auch diffuse Wünsche, wie den Lektorenkurs, zieht aber nichts durch.) Und dann plötzlich entwickelt das Ganze eine gewisse Eigendynamik - gleich dem Käselaib, der unter großem Hallo den Highland-Hügel runterrollt: Schlussmachen, Feiern, Töten. Ups.
Es passt sehr gut zum lapidar-entspannten Schreibstil, dass der Tod des Exfreundes so aus Versehen passiert. Dabei ist es aber keineswegs albern, sondern plausibel und sachlich.
Überhaupt: Der Autor vermittelt das Gefühl, dass alles so einer herrlich normalen Person passiert, dass es fast unausweichlich und ganz von alleine nebenbei jedem hätte passieren können. Da muss man doch auch mal Verständnis haben, Herr Richter!
Ich jedenfalls bin motiviert mit Jen über ihrer Geschichte brütend Prosecco zu trinken und mich in den langsam, gleich einer Naturgewalt unausweichlich Schwung gewinnenden Strudel der Ereignisse ziehen zu lassen.