Aufopferungsvolle Treue

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ann-marie Avatar

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Ein Titel, der berührt, anzieht und neugierig macht - so meine ersten Gedanken. In Verbindung mit dem zeitlichen Rahmen der Romanhandlung, beginnend im Jahr vor dem Zweiten Weltkrieg und es sich bei den beiden Hauptprotagonisten um eine Köchin und einen kleinen jüdischen Jungen handelt, lässt sich bereits die Thematik des Romans erkennen.
Elly, aufgewachsen als Pastorentochter im Rheinland, hat bereits als junges Mädchen ihr Elternhaus verlassen, um dann in Berlin sesshaft zu werden und ist inzwischen als Köchin (mit Familienanschluss) im Haushalt der jüdischen Arztfamilie Sternberg tätig. Ist Herr Sternberg als Arzt mit eigener Praxis tätig, umsorgt Elly seine Ehefrau und Leon, den kleinen Sohn des Ehepaares. Elly, die kein Blatt vor den Mund nimmt und sehr deutlich ihre Meinung zu den Auswirkungen der politischen und gesellschaftlichen Veränderungen in dieser Zeit kundtut, erweist sich als rettender Engel, als Leons Eltern eines Nachts von Nazi-Schergen aus dem Schlaf gerissen und deportiert werden. Elly gibt geistesgegenwärtig den kleinen Leon als ihren eigenen Sohn aus und macht sich auf den Weg in ihre Heimat. Allerdings findet sie in ihrem Elternhaus nicht die erhoffte Zuflucht, denn ihr Vater lehnt die Aufnahme eines jüdischen Kindes rundweg ab. Doch auch für Elly naht in Form eines Bauern, der mit seinen drei Söhnen unterwegs ist, ein rettender Engel. Gewährt er ihr und dem kleinen Leon während der Kriegsjahre einen Zufluchtsort auf seinem Bauernhof.
Eine Identifizierung mit Elly, der man ohne weiteres den Titel einer "Stillen Heldin" verleihen kann, mit Ecken und Kanten, die sich zudem in bemerkenswerter Weise in einem nüchternen und eher sachlichen Schreibstil wiederfinden, fällt nicht leicht. Aber vielleicht ist es gerade ihre Art, ihre Aktionen, ihre unverblümte Redeweise, die mich nach einiger Zeit dann doch in ihren Bann gezogen hat. Hinzu kommt ihre unverbrüchliche Treue gegenüber der Familie Sternberg, vor allem aber ihre unerschütterliche Verteidigungsbereitschaft und Fürsorge gegenüber dem zunächst noch sehr jungen Leon. Über 20 Jahre übernimmt sie die Elternrolle verbunden mit der großen Hoffnung einer Familienzusammenführung.
Als gelungen würde ich auch die Charaktere des Ehepaares Sternberg bezeichnen, indem Sara die drohende Gefahr für ihre kleine Familie bereits sehr früh erkennt und um einen Ausweg weiß, von dem ihr Ehemann allerdings nichts wissen will. Zu groß ist sein Vertrauen auf einen weniger dramatischen Verlauf. Gerade diese unterschiedliche Einschätzung wird auf sehr überzeugende Weise dargestellt und beschrieben.
Auch wenn es sich erneut um einen Roman über den Zweiten Weltkrieg und mit dem Schwerpunkt der Judenverfolgung handelt, finden keine konkreten Kriegsereignisse und –handlungen eine entsprechende Berücksichtigung bzw. Erwähnung. Vielmehr handelt es sich beim Themenschwerpunkt um eine realistische und nachvollziehbare Beschreibung von Kriegshelden, die Leben gerettet haben, weit hinter den Frontlinien