Eine berührende Geschichte von Treue und Verzicht

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Die Pfarrerstochter Elly ist Köchin im Berliner Haushalt der jüdischen Familie Sternberg. Als deren Sohn Leon geboren wird, schließt Elly ihn in ihr Herz.
1938 wird das Ehepaar verhaftet und Elly kann mit dem kleinen Leon fliehen. Sie schwört, den kleinen Jungen eines Tages der Mutter unversehrt zurückzugeben. Diesem Ziel ordnet sie alles unter.
Ständig in der Furcht, dass Leon ihr genommen wird, findet sie Zuflucht auf einem Bauernhof. Immer wieder versichert sie Leon, dass seine Mutter lebt und sie beide nach ihr suchen werden, wenn der Krieg vorüber ist.
Nach Kriegsende kehrt sie mit Leon nach Berlin zurück. Leons Mutter bleibt verschwunden, aber Elly wartet weiter.
Das Buch schildert eine Geschichte, die ans Herz rührt und wütend macht ob der Grausamkeit, die die jüdische Bevölkerung erleiden musste. Elly steht für die vielen heimlichen Heldinnen, die Familienmitglieder ihrer jüdischen Dienstherren gerettet haben.
Mich hat Ellys unbedingter Wille, Leon zu retten sehr beindruckt. Sie ordnet dem Wohl des Jungen alles unter - ihr eigenes Glück und das ihrer Tochter. Diese wächst im Schatten Leons auf und steht bei Elly stets an 2. Stelle. Das hat mich aufrichtig gestört. Ich hatte den Eindruck, durch den Beschützerwillen für Leon bleibt für nichts anderes mehr Raum. Das ändert sich auch nicht, als der Krieg zu Ende ist.
Ich bewundere Elly für ihren Mut, ihr Pflichtbewusstsein und ihre Treue zu Leon und seiner Familie. Aber ich kann sie nicht dafür lieben. Ich habe verstanden, dass die politischen Umstände sie zu taktieren und lügen zwingen. Ich habe nicht verstanden, warum sie Menschen, die ihr wohl gesonnen sind und ihrer eigenen Tochter keine Zuneigung zeigen kann. Es ist, als ob Leon ihre ganze Liebe absorbiert.
Ein wenig hat auch der Schreibstil der Autorin zu meiner distanzierten Haltung beigetragen. Die erzählt die Geschichte in weiten Teilen eher emotionslos. Nur gelegentlich lässt sie mich in Ellys Gefühlswelt blicken. .
Ich fand das Buch lesenswert, weil es weniger offensichtliche Aspekte der nationalsozialistischen Terrorherrschaft ins Bewusstsein bringt und auf berührende Weise zeigt, welche Ängste und Entbehrungen Menschen auf sich genommen haben, um ein Leben zu retten.