Eine Frau mit Rückgrat

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elkev Avatar

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Elly, sie ist eine von den vielen unbekannten, mutigen und altruistischen Frauen, die es wagten für das Richtige einzustehen und sich selbst treu blieben, auch wenn es so manches Opfer forderte. Unsere Hauptprotagonistin ist vor Kriegsbeginn Köchin in einem jüdischen Haushalt und rettet den kleinen Sohn Leon vor den Nazis als seine Eltern festgenommen werden. Für Elly und den Kleinen beginnt nun eine herausfordernde Zeit und wir dürfen mitfiebern, ob es ein Wiedersehen der Familie nach dem Krieg geben wird.

Dieser Debütroman von Marie Sand besticht durch seine einfühlsamen und ehrlichen Schilderungen- ein wirklich gelungener Erzählstil, der dazu führt, das Buch, hat man erstmal begonnen zu lesen, nicht mehr aus der Hand zu legen. Anfänglich hatte ich mir die Köchin allerdings älter vorgestellt und war erstaunt, als ich plötzlich las, sie sei Mitte Dreißig. Warum eine Pfarrerstochter, die evangelisch sein musste, sich an Maria wandte, wunderte mich ein wenig, auch das Beten des Rosenkranzes ist nicht protestantisch, auch nicht das Lesen einer Messe für Verstorbene. Hier muss sich weder die Autorin noch die Lektorin wirklich auskennen, was ich etwas peinlich finde, weil es zur Allgemeinbildung gehört. Auch ist mir ein Widerspruch aufgefallen. Als der amerikanische Besatzersoldat sich verabschiedete, hieß es Elly könne Loslassen, hinterherwinken ohne Wehmut, S.227 und als Leon sein Abschiedsessen erhielt, hieß es auf S. 244: "Abschiede lagen Elly nicht, denn sie hafteten sich klebrig auf die Gedanken und zwangen einen, auf eine Zeit zurückzublicken, die nicht mehr zu ändern war." Was mich noch nachdenken ließ war die Verbindung, die Elly zu ihrer leiblichen Tochter Mathilda hatte. Es ist eher unrealistisch, dass eine Mutter ein Kind anderer Eltern mehr liebt als ihr eigenes.
Dennoch ist die Geschichte in sich stimmig aufgebaut und konzentriert sich dabai auf das Wesentliche. Die Charaktere sind authentisch beschrieben. Allerdings hatte ich Zweifel an der Person des Stephan Bauer. Diese Mischung aus Depression, Überforderung, Besonnenheit und plötzlich unbeherrschtes Einschlagen auf Kinder oder das Weggeben des jüngsten Sohnes aus erster Ehe.

Da ich mich aber insgesamt sehr gut unterhalten gefühlt habe, die Behandlung des beschriebenen Themas als erzählerisch gut umgesetzt sehe und mit Elly mitfühlte und litt, erhält dieser erste Roman der Autorin 5 Sterne mit klarer Leseempfehlung.