Selbstlose Hilfe, aber um welchen Preis?

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sommerlese Avatar

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"Ein Kind namens Hoffnung" ist der Debütroman von Marie Sand, der im Droemer Verlag erscheint.

Elly arbeitet als Köchin bei der jüdischen Familie Sternberg, die ihr ein Zuhause geben. Als die Sternbergs deportiert werden, flieht sie mit Leon Sternberg aufs Land, gibt ihn als ihren Sohn aus und rettet ihm damit das Leben. Es beginnt eine schwere Zeit, denn ohne Heimat und Einkünfte muss sie ums Überleben kämpfen.

Marie Sand erzählt in ihrem Debütroman auf berührende Weise, wie Elly in Zeiten der Naziherrschaft sich die Rettung eines Kindes zur Lebensaufgabe macht und sich damit selbst in Gefahr begibt. Die Geschichte umfasst einen zeitlichen Rahmen zwischen 1938 bis 1958 und lässt uns am Schicksal von Elly und Leon teilhaben. Aus nächster Nähe erleben wir die Fluchtsituation, die Versorgungs-Heirat mit dem Bauern Stephan und ein arbeitsreiches Leben auf dem Hof, den ständigen Kampf ums Überleben in der Hungersnot und die Suche nach Leons Mutter.
So dramatisch und bewegend die Geschichte auch ist, die Erzählung scheint auf merkwürdig distanzierte Weise an mir vorbeizugleiten und ich kam Elly und ihren wahren Emotionen nicht wirklich nahe, so sehr ich es mir auch wünschte.
Elly hat mutig, aber auch sehr verbissen nur ein Ziel vor Augen, das Versprechen an Sara einzulösen und Leon zu retten. Dieses Ziel setzt sie ohne Rücksicht auf sich und andere durch und scheint über lange Zeit nur zu funktionieren. Sie stellt sogar die eigene Tochter hintenan, verteilt die Liebe für die Kinder nicht gleichmäßig, Leon ist und bleibt ihr bevorzugter Liebling und das ist in meinen Augen sehr schmerzhaft und nicht einer Mutter würdig.

Die zeitlichen Grausamkeiten von Nationalsozialismus und Weltkrieg, den Überlebenskampf ohne Nahrung in der Kälte bringt Marie Sand in diesem Roman sehr intensiv zum Ausdruck. Auch das Landleben wird mit typischen Szenen zum Leben erweckt. Doch die Nähe zu ihren Charakteren bleibt dem Leser auf bestimmte Weise verwehrt, Gedanken oder Gefühle bleiben tief verschlossen und das hat mich gestört.

Am Ende klärt sich die Bedeutung des Buchtitels auf und wir erfahren, welches Kind für Elly wirklich das "Kind namens Hoffnung" darstellt.

Dieses Debüt unterhält mit der Geschichte einer starken Frau, die ihr Leben der Rettung eines Kindes untergeordnet hat. Etwas mehr eigene Wünsche und spürbare Lebendigkeit für andere hätten sie mir spürbarer und sympathischer gemacht.