Die eigene Geschichte bewahren

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timphilipp Avatar

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Ella reist in ihre Heimatstadt Bergen, um nach dem Unfalltod ihrer Eltern, zu denen ein getrübtes Verhältnis bestand, deren Nachlass zu regeln. Dabei stellt sie sich ihrer Vergangenheit und macht unerwartete Entdeckungen über ihre Familie. Im Elternhaus trifft sie auf Rakel, eine alte Dame, dort zur Untermiete wohnend. Auf deren Geheiß hin zeichnet die Journalistin Ella, zunächst unwillig, dann mehr und mehr neugierig, Rakels Lebensgeschichte auf. Diese setzt Ende der 30erJahre in Bratislava ein, wo Rakels jüdische Eltern ihre fünfjährige Tochter zum Schutz vor den Judenverfolgungen dank der Nansenhilfe nach Norwegen schicken. Als junge Frau gibt sie eine uneheliche Tochter zur Adoption frei, später flüchtet sie mit zwei weiteren Kindern vor ihrem Ehemann nach New York. Im Alter sucht sie die Stationen ihres Lebens auf. Was Rakel Ella bis zum Schluss vorenthält, ist, dass auch ihrer beider Leben miteinander verknüpft sind …

Gehe ich sonst an Romane skandinavischer Autoren eher skeptisch heran, weil ich viele als eher schwermütig empfinde, wurde ich hier sehr bald eines Besseren belehrt. Rakels Lebensgeschichte zieht einen schnell in den Bann. Sie ist zwar fiktiv, aber repräsentativ für das Schicksal so vieler Juden zur Zeit des Nationalsozialismus und berührt zutiefst. Wer wie Rakel schon so früh entwurzelt wird, kann wohl nur ein Leben wie sie führen, in dem sie niemanden an sich heranlässt. Bei der Gelegenheit sind interessante historische Informationen sowie solche über Land und Leute zu erhalten, die mir bislang eher fremd waren (z.B. die Nansenhilfe). Die Autorin hat wirklich gut recherchiert. Die Botschaft des Buches, die eigenen Wurzeln zu bewahren und die eigene Geschichte seinen Nachkommen weiterzugeben, wird gut und eindringlich herübergebracht. Das Ende überrascht nicht so sehr, war es doch schon frühzeitig zu erahnen. Die Lektüre fällt trotz zeitlicher Wechsel zwischen Gegenwart und Rückblenden in die Vergangenheit und trotz Wechseln in den Erzählperspektiven leicht; die Orientierung geht nie verloren.

Ein von mir klar zu empfehlendes Buch.