Familiengeschichte

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lesemöwe Avatar

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Ein Koffer kann symbolisch für eine Reise oder eine Flucht stehen, aber auch für einen Ort, in dem man etwas aufbewahrt und mitnimmt. Zunächst ist der Titel verrätselt und dies weckt Interesse und Neugier, denn man möchte wissen, was es mit dem "Koffer voller Hoffnung" auf sich hat.

Der Roman beginnt mit einem Prolog, in dem eine Person beginnt, in einem alten Tagebuch zu blättern, aus dem ein Brief fällt, der viele Jahrzehnte zuvor von einem Mann namens Yusef Rosenbaum an eine weibliche Person namens Rakel geschrieben wurde. Danach erfolgt ein Zeitsprung von einem halben Jahr in die Zukunft.

Es wird eine Situation geschildert, in der eine Frau namens Ella nach Bergen / Norwegen zurückkehrt, nachdem sie über Tod ihrer Eltern informiert wurde. Sie wird von dem Anwalt der Familie abgeholt und trifft sich später mit ihrer Tante und deren Mann, um die Formalitäten für die Beerdigung zu regeln. Es kommen eine Menge Aufgaben auf sie zu, denn sie muss den Nachlass ihrer Eltern regeln. Dabei macht sie die Bekanntschaft von Rakel, die in der Souterrainwohnung in ihrem Elternhaus lebt und ihr ihre Lebensgeschichte erzählen möchte. Zunächst tut Ella sich schwer, sich auf die Frau einzulassen, aber die Geschichte, die Rakel erzählt, nimmt sie Stück für Stück gefangen und verändert schließlich auch für sie vieles.

Der Roman setzt sich aus diesen beiden Handlungssträngen zusammen, die irgendwann am Ende miteinander verknüpft werden. Schon zu Beginn machen beide Handlungsstränge neugierig darauf, zu erfahren, wie es weitergeht und wo sie irgendwann zusammenlaufen. Wer ist Rakel? Wer ist Yusef? Warum setzt Yusef so viel Hoffnung in Rakel? Warum ist das Verhältnis zwischen Ella und ihren Eltern so distanziert und abgekühlt? Was ist passiert, das zur Folge hatte, dass Ella ihre Eltern so lange nicht gesehen hat? Warum will Rakel Ella unbedingt ihre Geschichte erzählen?

Die personale Erzählperspektive, die in dem Handlungsstrang, in dem es um Ellas Geschichte geht, dominiert, bewirkt, dass man versucht, mit der Protagonistin zu gehen und sich mit ihrer Familiengeschichte auseinanderzusetzen. Dabei sorgt die bildreiche Sprache dafür, dass man die Gefühle der Ich-Erzählerin gut nachvollziehen kann: "Ich (...) wünschte mir, ich könnte in ihre Wärme und ihr scheinbar einsames Glück vordringen, das sie nicht mit anderen teilte, nicht einmal mit mir" (S. 24) und " Und der gespannte Bogen in meiner Brust erzitterte aus Angst vor dem, was ich nicht verstand " (S. 25)

Es ist eine interessante Familiengeschichte, die spannend erzählt wird und einen in den Bann nimmt, sodass man nicht mehr aufhören möchte zu lesen. Es ist eine Aufforderung, sich mit seiner Familiengeschichte auseinanderzusetzen, und gleichzeitig ein Mutmacher, die Hoffnung nicht aufzugeben.