Das bewegte Leben der Lili Kuhn

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dicketilla Avatar

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Bereits „Wenn Martha tanzt“ hatte mich begeistert, so war in voller Freude und Erwartung, was sein neues Werk bei mir auslöste. Tom Saller hinterlässt stets mehr als nur geschriebene Worte. Seine Geschichten zwingen den Leser sich intensiv damit zu beschäftigen. Stets hatte ich das Verlangen mehr Hintergrundwissen zu genannten Personen zu erfahren. Kein Buch was schnell in Vergessenheit geraten wird.

Es ist die Geschichte der Lili Kuhn und auch der Anja Hermann, die gebeten wird bei der alten Dame als Gesellschafterin tätig zu werden. Erst als Lili erfährt, dass Anja die gleiche Schule wie sie einst besuchte, öffnet sie sich langsam. Und gemeinsam tauchen wir mit ihr in die Jahre der Kindheit, des zu sich selbst Findens, der Vielfalt , aber auch der Selbstzweifel, Schuldgefühlen ein.
Und es beginnt mit dem Jahr 1919 und reicht bis in die `80er Jahre hinein.

„Sie ist ein Kind ohne Mutter.Tochter mit einem häufig abwesenden Vater. Ihr Halbsein macht sie aus:“

Es geht auch um die Frage der Identität, wer bin ich, was macht mich aus. Die Mutter Christin , der Vater Jude. So ist Lili nach dem jüdischem Recht nach nicht einmal Halbjüdin, ausschlaggebend stets die Religion der Mutter. Große Unterstützung bekommt sie von Takestin, halb Chinese, halb Japaner. Und diese Halbheiten ziehen sich durch den Roman.
Zunächst wächst Lili behütet, ohne Freunde auf, behütet von ihrem Vater und Takestin, der sie ihr ganzes Leben begleiten wird. Durch einen Zufall lernt sie Alice von Pechmann kennen, wird deren Kindermädchen. Und so betritt sie einen Kreis, der ihr weiteres Leben beeinflussen wird.
Günther Pechmann, Direktor der staatlichen Porzellan-Manufaktur Berlin, wird ihr Förderer.
Lili findet ihre Berufung, die Welt des Porzellans wird zukünftig ihr Leben bestimmen

Anja, ist eine rebellische18jährige. Sich nicht anerkannt, verstanden, von den Eltern ausgegrenzt fühlt.Schnitte an sich selbst lassen ihr diesen Schmerz erfahren. Doch dann die Begegnung mit Lili etwas in ihr auslöst. Auch in ihrer Familie spielt das unterdrückte Judentum eine Rolle.

Man weiß eigentlich nicht wie man dieses Buch beschreiben soll. Eine Geschichte voller schöner, trauriger, wissenswerter, sprachlosen Momenten, gebettet in einer Sprache, die einfach nur Spaß macht. Der Leser lernt viel über Tee, dessen Handel der Vater betreibt, Porzellanherstellung, aber auch über das Judentum kennen. Welcher Religion fühlt man sich verpflichtet, wo liegen meine Wurzeln.Aber auch der Nationalsozialismus hinterläßt seine Spuren in der Geschichte.

Für mich ein außergewöhnliches Buch und unbedingt lesenswert!

„Farben können Türen sein. Wir erzählen uns Geschichten in Farben und tauschen so Empfindungen aus.“