Das Leben zweier junger Mädchen in Berlin

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miltonia 01 Avatar

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Im Berlin der 80er Jahre treffen Lili und Anja aufeinander. Die eine eine sehr zurückgezogen lebende alte Dame, die ein tiefes Leiden aus ihrem langen und wechselhaften Leben in sich trägt und die andere ein Teenager, der sehr unter den elterlichen Streitereien leidet und daraus psychische Störungen entwickelt. Trotz dieser sehr unterschiedlichen Hintergründe beginnt ein ganz vorsichtiger Annäherungsprozess, bei dem Lili Anja aus ihrer Kindheit und Jugend im Berlin der 20er und 30er Jahre erzählt.

Lili hat sehr früh ihre Mutter verloren und ihr Vater Jakob versucht nach allen Kräften, seiner Tochter trotzdem ein liebevolles und behütetes Kinderleben zu ermöglichen. Dabei wird er von seinem japanisch-chinesischen Freund Takeshi bestmöglich unterstützt. Durch einen Zufall lernt Lili die Familie von Pechmann kennen, der Vater ist Direktor der staatlichen Porzellanmanufaktur KPM in Berlin und damit beginnt Lilis Liebe zum Töpfern und zum Porzellangestalten. Ihr Weg führt bis zur Kunstgewerbeschule auf der Burg Giebichenstein, wo sie der berühmten Gestalterin Marguerite Friedlaender zur Hand gehen wird. Bis es dann zu einem tragischen Unfall kommt.

Gleichzeitig beginnt sich das politische Klima in Deutschland immer mehr zu radikalisieren, der Nationalsozialismus gewinnt immer mehr Macht und das bekommen gerade die jüdischen Familien wie z. B. Lilli‘s zu spüren.

Das liest sich alles sehr flüssig, man kann sehr gut Anteil nehmen gerade an Lilis Leben im damaligen Berlin, auch wenn das natürlich eine materiell sehr privilegierte Kindheit und Familie war. Und es ist sehr schön zu lesen, wie sich dann ganz langsam auch Anja öffnet und versucht, einen Weg mit und zu ihren Eltern und deren Problemen zu finden.

Sehr interessant fand ich die Beschreibung der Porzellangestaltung und der Verknüpfung mit dem Bauhaus, ich wusste nicht, dass extra für den Flughafen Halle-Leipzig ein spezielles Geschirr von der Kunstgewerbeschule entworfen und von der KPM produziert wurde, diesen Teil hätte ich mir gut etwas länger vorstellen können. Und die Unterschriften zu den einzelnen Kapiteln hätten für meinen Geschmack nicht unbedingt sein müssen, die haben mich mehr irritiert als einen Ausblick auf das neue Kapitel zu geben.

Trotzdem ein sehr schönes Buch, vielleicht sogar auch für Jugendliche gut geeignet. Deshalb von mir 4 Sterne.