Lebenslinien

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Nachdem mich der gelungene Debüt-Roman von Tom Saller "Wenn Martha tanzt" bereits begeistert hat, bin ich von dem nun vorliegenden Buch "Ein neues Blau" gleichermaßen angetan. Ein Buch, das gekonnt alle Facetten eines langen Lebens ausleuchtet, Kindheit, Erwachsenwerden, Familie, Freundschaft, Wünsche, Hoffnungen, Verzweiflung und Verrat. All dies lernt Lili Kuhn in ihrem langen Leben kennen, das geprägt ist von großen Verlusten und der Angst, hieran eine Mitschuld zu tragen. Das Buch endet im Jahr 1985 und schildert in Rückblicken das Heranwachsen von Lili nach dem Esten Weltkrieg. Ihre Mutter ist früh vestorben, und so wächst Lili bei ihrem Vater Jakob auf, einem zielstrebigen charakterstarken Mann, der es durch seinen Teehandel zu Reichtum und weltweiten Geschäftsverbindungen bringt. In Japan lernt er Takeshi kennen, der alles über Tee weiß. Zwischen den beiden entwickelt sich eine enge Freundschaft, die so weit geht, daß Takeshi nach dem Tod von Jakobs Frau Charlotte nach Berlin übersiedelt und sich dort insbesondere um Lili kümmert, da Jakob aus Berufsgründen viel auf Reisen ist. Takeshi ist so, wie ich mir einen Japaner vorstelle, Ein ruhiger in sich ruhender Mann, der seiner Freundschaft verpflichtet ist und sich ein Leben lang um Lili kümmern wird. Von ihm habe ich viel über Tee und vor allem die Teezubereitung gelerrnt.

Lilis Mutter war Jüdin und nachdem Lili den Juden Adam heiratet, ist sie in Deutschland zur Zeit des Nationalsozialismus nicht mehr sicher und wandert mit ihrer Familie nach Amerika aus.

Im Jahr 1985 lebt Lili wieder in Berlin in dem Haus, das ihr Vater vor vielen Jahren erbaut hat und auch das Teehaus von Takeshi steht noch im Garten. Aber Takeshi ist gestorben und Lili sehr allein. Anja, eine 18-jährige Gymnasiastin soll ihr hin und wieder Gesellschaft leisten. Dies ist für beide zunächst ein schwieriges Unterfangen. Die aufmüpfige Anja mit ihrer schnoddrigen Sprache hat es schwer. sich in die Lebensgeschichte von Lili Kuhn einzufinden. Nach und nach aber wächst der gegenseitige Respekt und
Anja gewinnt einen neuen Blick auf ihr zukünftiges Leben. Das Zusammentreffen der beiden Frauen ist für beide ein großer Gewinn.

Der Titel des Buches "Ein neues Blau" lenkt das Interesse des Lesers natürlich in erster Linie auf die Herstellung von Porzellan und die Suche nach dem vom Königlichen Hof gewünschten "bleu mourant". Viel lernt der Leser über Material, Verarbeitung und Herstellung des Porzellans kennen und besonders eine kleine schlichte weiße Schale mit einer aufgemalten schlichten blauen Blüte hat in der Geschichte eine besondere Bewandtnis.

Dem Autor sei Dank für dieses wunderbare, sorgfältig recherchierte und meisterlich geschriebene Buch, dem ich ganz viele Leser wünsche.