Rückblick auf ein bewegendes Leben

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kelo24 Avatar

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Nach Beendigung der Leseprobe hat mich vor allem die Frage beschäftigt, wie das im Prolog aufgeführte Porzellanschälchen mit der Blüte im „neuen Blau“ es wohl durch die Jahrhunderte geschafft hat. Auf die Antwort musste ich etwas warten…

Zunächst finden Lilli und Anja zueinander. Obwohl beide Frauen über 50 Lebensjahre trennen haben sie doch eine Gemeinsamkeit – beide sind innerlich zerrissen und auf der Suche nach einem Halt. Auf ihren nachmittäglichen Treffen öffnet sich Lilli und lässt Anja an ihrem außergewöhnlichen, bewegten und erfülltem Leben teilhaben. Als 6-jährige wird sie nach dem Tod ihrer Mutter von einem guten Freund ihres Vaters, einem Halbjapaner, erzogen und lernt von ihm die Liebe zum Tee, Kalligraphie und fernöstliche Denk- und Lebensweisen kennen. Als junge Frau erkennt sie ihre Liebe zum Porzellan und wird als Töpferin und Porzellanmalerin ausgebildet. Während der Nazizeit muss sie fliehen und lebt einige Zeit in Amerika, ehe sie nach Berlin zurückkehrt. Neben einer Zeitreise durch 60 Jahre Berliner Geschichte gibt es auch jede Menge anderer Hintergrundinformationen wie z. B. zur Geschichte des Porzellans und dessen Herstellung.
Parallel dazu erfährt man im gegenwärtigen Handlungsstrang von Anjas Leben und ihren derzeitigen Problemen.
Tom Sallers Schreibstil ist sehr angenehm zu lesen, mitunter fast poetisch, dabei aber leicht und ruhig. Die Kapitel sind alle mit einer Überschrift versehen, die bereits etwas zum Inhalt verrät. Gerade diese Tatsache hat es mir sehr erschwert, das Buch wieder aus der Hand zu legen. Vor allem in Lillis Handlungsstrang hat die Geschichte mich dermaßen fasziniert, dass dies kaum möglich war. Alle Charaktere sind sehr authentisch und realistisch beschrieben und die Handlung hat sich dadurch gut nachvollziehen lassen. Besonders Takeshi ist mir aber ans Herz gewachsen. Diese Ruhe, die er ausgestrahlt hat, habe ich auch mit in meinen Alltag nehmen können.
Lillis Reise durch die Vergangenheit hat mich gefesselt und berührt, und diese wunderbare Geschichte verdient eine ganz klare Leseempfehlung (und um noch einmal auf meine ausstehende Antwort vom Beginn zu kommen, die findet man im Epilog)