intensiv, wie es nur am Meer sein kann

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
elohym78 Avatar

Von

Nach dem Tod ihres Vaters erbt Julia ein Haus auf Sylt. Gemeinsam mit ihrer Mutter und ihren beiden Tanten Annegret und Christiane macht Julia sich auf den Weg, dieses Haus in Augenschein zu nehmen. Die Reise mit der Familie ist nervig, das letzte Brötchen in der Auslage wird ihr weggeschnappt und in ihrem Haus wohnt eine Fremde. Das kann doch alles nur ein schlechter Scherz sein!
Doch nach und nach lässt Julia sich auf das intensive Gefühl ein, dass das Meer und die Natur auf sie ausübt. Sie entschleunigt, findet zu sich selbst und trifft Entscheidungen, die eigentlich untypisch für sie sind. Will sie wirklich die toughe Geschäftsfrau sein, oder eher jemand ganz anderes? Ob dieses innere Gefühlschaos mit dem bösartigen Brötchendieb zu tun hat?

Das Cover ist in blau und weiß gehalten. Es zeigt einen Leuchtturm, Möwen und einen unendlichen Himmel, der das Meer geküsst hat. In seiner Einfachheit hat es mich sofort überzeugt, denn mehr brauche ich nicht zum Wohlfühlen und loslassen. Das Bild vermittelt das komplette Gefühlsspektrum des Buches.

Lena Wolf schreibt locker, leicht und voller Esprit. Schon während der Beschreibung der vier Frauen im Auto, konnte ich mir ein Schmunzeln nicht verbeißen, auch wenn wahrlich nicht alle Töne lustig waren. Aber genau diese Mischung machte das Lesen so lesenswert, da die Zeilen einfach wie aus dem Leben gegriffen wirkten. Geschwister unter sich sind simpel, sie halten zusammen und hassen sich bis aufs Blut. Sie streiten bis eine weint und wenn es hart auf hart kommt, halten sie zusammen wie Pech und Schwefel. Doch manchmal braucht es einfach Zeit und Einsicht, bis man sich zusammenraufen und die Dinge klar sehen kann. Lena Wolf beschreibt den Kampf der drei Schwester bewegend und sehr nah. Für jede von ihnen hatte ich Verständnis und hätte sie gleichzeitig auf den Mond schießen können. Eine sehr lebendige Mischung!

Aber das ist nur eine kleine Nebengeschichte, ein Schmankerl am Rande, denn eigentlich geht es um Julia. Julia ist eine erfolgreiche Geschäftsfrau, die mit beiden Beinen fest im Leben steht. Mit ihrem Freund hat sie eine gut gehende Architekturfirma gegründet und möchte sogar expandieren. Das minimalistisch eingerichtete Loft strahlt kühle Eleganz aus, genau so, wie sie es mag. Als plötzlich ihre Mutter nach dem Tod des Vaters zu ihnen zieht, gerät Julias Welt ins Wanken. Sogar noch mehr, als sie mit ihrer Familie nach Sylt fährt, um das Haus ihres Vaters zu verkaufen. Man kann noch nicht mal sagen, dass sich Julias Weltsicht langsam ändert, denn sie ist nur fünf Tage auf Sylt, aber Lena Wolf schafft es, das Magische, das auch mir am Meer passiert, fast greifbar zu machen. Kaum ist man angekommen, verlangsamt sich die Welt, alles wird intensiver und ein einstündiger Spaziergang am Strand schafft mehr, als zich Therapiesitzungen oder gut gemeinte Ratgeber. Julia findet - vermutlich das erste Mal in ihrem Leben - zu sich selbst. Die Wandlung und der innere Werdegang haben mich bewegt und am liebsten hätte ich mich sofort ins Auto gesetzt und wäre an die See gefahren.

Mein Fazit
Fernweh, Selbstfindung, Einklang und viel Meer. Mich hat das Buch berührt und zum Träumen gebracht.