Ein tolles Leseerlebnis

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hennie Avatar

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«Mitten im Winter erfuhr ich endlich, dass in mir ein unvergänglicher, unbesiegbarer Sommer ist.» Albert Camus

Es beginnt mit einem Schneechaos in New York. Im Stadtteil Brooklyn lebt seit Kurzem Lucía, eine geschiedene, zweiundsechzigjährige Chilenin, die als Gastdozentin an der New York University für sechs Monate lehrt. Die Frau hatte sich, was Männer betraf noch nicht aufgegeben, obwohl die Chancen nach ihrer Meinung schlecht standen. Ihr Begehren gilt Richard, ihrem Arbeitgeber und gleichzeitig ihr Vermieter. Richard aber verhält sich abweisend. Das hat zumindest den äußerlichen Anschein. Der Professor entwickelte im Laufe der Zeit eine Angst vorm Leben und der Liebe. Seine vier Katzen sind seine einzigen Mitbewohner, die ihn aber nicht behelligen. Eine davon nascht am Frostschutzmittel und er fährt trotz winterlichem Chaos zum Tierarzt. Mieze muss zur Beobachtung dableiben. Auf dem Rückweg dann beginnt das Unheil seinen Lauf zu nehmen. Durch eine kurze Unaufmerksamkeit verursacht Richard einen harmlosen Auffahrunfall. Was er zu dem Zeitpunkt noch nicht ahnt, in dem Kofferraum des Wagens liegt eine weibliche Leiche...

Die Kapitel sind überschrieben mit den drei Namen der Protagonisten und dem Ort der Handlung. Anhand der eingangs beschriebenen Situation, die sie zu einer Zwangsgemeinschaft zusammenführt, entwickeln sich in Gesprächen die Lebensgeschichten von Evelyn Ortega aus Guatemala, Lucía Maraz aus Chile und Richard Bowmaster aus New York. Auf nur 350 Seiten nahm mich Isabel Allende mit in die Heimat der jungen Guatemaltekin, deren Land von Korruption, organisiertem Verbrechen und der schweren Gewalttaten der Mara (kriminelle, sehr grausam agierende Jugendbande) heimgesucht wurde. Das junge Mädchen ist schwer traumatisiert von den furchtbaren Erlebnissen, die sie selbst und ihre beiden Brüder betrafen. Evelyn gelingt die kräftezehrende, gefährliche Flucht über Mexiko in die USA.
Lucías Leben wiederum wird nachhaltig beeinflußt durch die Ereignisse um den Militärputsch 1973 in Chile. Auch sie verläßt ihr Heimatland, geht als 19 jährige nach Kanada, heiratet, bekommt eine Tochter.
Richard schließlich lebte mit seiner Familie viele Jahre in Brasilien. Nach schweren, familiären Schicksalschlägen und nach der Überwindung seiner Alkoholsucht hatte er sich weitgehend vom normalen Dasein in sich selbst zurückgezogen, wird zum Eigenbrötler.

Fazit:
Isabel Allende zählt man nicht ohne Grund zu den meistgelesenen Schriftstellerinnen der Welt. Auch dieser Roman konnte mich wieder in den Bann ziehen und voll überzeugen. Beeindruckend, wie die Autorin es versteht auf den wenigen Seiten so viele Informationen äußerst lesenswert, mit viel Herz und Seele, unterzubringen. Sie erzählt in meisterhaftem, eindringlichen Schreibstil nicht nur die drei Lebensgeschichten, sondern belebt auch das Umfeld mit faszinierenden Charakteren, mit tragischen Schicksalen.
„Ein unvergänglicher Sommer“ ist ein vielschichtiger Roman. Die Verbindung von Spannung, geschichtlichem Hintergrund und Liebesgeschichte zweier Personen im reiferen Alter finde ich hervorragend gelungen.

Deshalb vergebe ich sehr gern die Höchstbewertung und eine Lese-/Kaufempfehlung.