"Ein unbesiegbarer Sommer"

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sonja steckbauer Avatar

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Ein Schneesturm in Brooklyn führt die drei Protagonisten zusammen, ihre Lebensgeschichten werden rückblickend dargestellt: Evelyn, Lucía und Richard.

Nicht unparteiisch erzählt Allende das Leben dieser drei charakterlich grundverschiedenen Personen, deren Gemeinsamkeit in der Flucht in die USA liegt und die somit unterschiedliche Lebensgeschichten von Migranten repräsentieren. Dabei betrachtet Allende die Geschichte, vor allem ihres eigenen Landes Chile durchaus auch kritisch, wie am Beispiel eines namenlosen Exilanten, wobei die Erzählung seiner Odyssee des Exils epische Breite annimmt. Isabel Allende weist in einem Interview darauf hin, dass sie die Geschichte ihrer Protagonisten nicht erfinden musste: „Ich kenne viele junge Frauen, die in ihrer Heimat furchtbare Geschichten wie jene von Evelyn erlebt haben.“ (Allende, in: Welt am Sonntag, Nr. 31, 05.08.2018, S. 59)
Die Rückblicke sind ausschweifend und nehmen den größten Teil des Romans ein, der Plot ist jedoch derart haarsträubend, dass er fast schon wieder glaubwürdig oder zumindest unterhaltsam wird. Die bekannte und vielfach unter Beweis gestellte Erzählkunst der Autorin macht das Buch lesenswert, inhaltlich darf sich der Leser aber nicht viel Neues erwarten.

Mit den Jahren – seit "Von Liebe und Schatten" – sind Allendes Protagonisten älter und reifer geworden, ihre tiefe Liebes- und Leiden(schaft)sfähigkeit steigt. So erklärt sich auch der Titel des Romans, der Albert Camus gedankt sei und im spanischen Original "Más allá del invierno" die Intention besser wiederzugeben vermag: In diesem Roman werden drei Personen vereint, die im Winter des Lebens (in einem Schneesturm) stecken und gemeinsam den unbesiegbaren Sommer wieder erfahren dürfen: „Mitten im Winter erfuhr ich, dass in mir ein unbesiegbarer Sommer ist.“ (Camus, in: "Retour à Tipasa", 1952)