Auf das Leben

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sarah_catherine Avatar

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Victor studiert in Paris, findet aber keinen Anschluss zu seinen Mitstudenten - sucht ihn aber eigentlich auch nicht. Einzig Mathieu, mit dem er gelegentlich mehr oder weniger schweigend seine Raucherpausen verbringt, weckt in Victor den Wunsch, eine Freundschaft aufzubauen. So nimmt Victor sich ein paar Tage vor seinem Geburtstag vor, Mathieu bei der nächsten Gelegenheit zu einem Geburtstagsessen einzuladen. Doch ehe es dazu kommt, stürzt sich Mathieu während der Unterrichtszeit aus dem Fenster.
Was für die Schule eine Tragödie ist, die ihrem guten Ruf schaden könnte, bedeutet für Victor einen Einschnitt, der sein ganzes Leben verändert. Plötzlich ist er der, der mit dem Toten befreundet war. Andere Studenten suchen Kontakt, laden ihn ein, verbringen Zeit mit ihm. Auch Mathieus Vater erhofft sich von Gesprächen mit Victor, seinem Sohn näher zu kommen und das schlimme Ereignis zu verstehen.
"Ein Winter in Paris" ist ein stilles Plädoyer für das Leben. Der Leser begleitet Victor dabei, dieses Leben erst für sich zu entdecken. Die Sprache von Jean-Philippe Blondel (oder der Übersetzung) trägt die Stimmung, die der "Winter"-Titel schafft, kommt aber ganz ohne Kitsch aus. Ganz wunderbar etwa fand ich die Stelle (Seite 101): "Dreimal schon. Dreimal in einer Woche. Hautkontakt. Meine Mitmenschen fanden den Weg zu meiner Haut. Noch ein bisschen mehr davon, und ich würde mich wieder lebendig fühlen."
Eine tolle Lektüre für ruhige Stunden, wenn man Lust hat, sich ganz in ein Buch hineinziehen zu lassen.