Einsam in Paris

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schmökerwürmchen Avatar

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„Ein Winter in Paris“ beschreibt rückblickend das Leben des heutigen Englischlehrers Victor. Zum Studium zieht es ihn nach Paris, damit beginnt auch die Abkapselung vom Elternhaus und aus der Provinz. Während der Protagonist aus eher einfachen Verhältnissen stammt, in dessen Familie keine großen Emotionen gezeigt wurden, kommen seine Kommilitonen aus einer völlig anderen Welt. Dies macht Victor zum Außenseiter. Die Anforderungen sind hart und so konzentriert er sich voll auf sein Studium. Doch im zweiten Jahr begegnet ihm Mathieu, mit ihm raucht er gelegentlich eine Zigarette. Doch leider besteht keine Gelegenheit mehr, die zarten Bande enger zu knüpfen, denn Mathieu nimmt sich das Leben. Von nun an steht Victor im Zentrum der Aufmerksamkeit, alle Welt scheint sich plötzlich für ihn zu interessieren.

Wunderbar feinfühlig und sensibel beschreibt der Autor diesen Lebensabschnitt des Victor. Heute ist Victor als Englischlehrerin tätig und nebenbei erfolgreicher Schriftsteller. Eines Tages erreicht ihn ein Brief, der die Erinnerungen wieder lebendig werden lassen. Rückblickend befindet sich der Leser mit Victor im Paris der achtziger Jahre und erlebt mit ihm diesen Winter, der ihn sein Leben lang prägen soll.
Ausschließlich wird dieser Roman aus Victors Perspektive erzählt. Und das besonders eindringlich, gefühlvoll und auf den Punkt gebracht. Verschiedene Personen interessieren sich nach Mathieus Tod für Victor, doch die Beziehungen zu seinen Kommilitonen bleiben eher oberflächlich, Affären sind bedeutungslos. Einzig zu Mathieus Vater entsteht eine engere Bindung, zunächst ungewollt, da dieser sich hartnäckig auf die Suche nach dem Warum begibt. Doch langsam entwickelt sich dieser zu einer Vaterfigur, wie Victor sie nie persönlich erlebt hat.
Nur einige wenige Passagen waren mir zu lakonisch und ein wenig in die Länge gezogen. Ansonsten hat der Autor hier einen wunderbaren kleinen, aber intensiven, feinfühligen Roman vorgelegt, den ich gerne gelesen habe.