Erinnerungen an einen Winter

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botte05 Avatar

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Victor ist für zwei Jahre nach Nanterre gezogen, um an einem renommierten Pariser Lycée die zweijährigen Vorbereitungsklassen zu absolvieren. Aufgrund seiner Herkunft ist er ein Exot, dem niemand wirkliche Chancen einräumt, den Lycée, noch den abschließenden Concours – die Aufnahmeprüfung an einer Grand École - zu bestehen. Zu Beginn des zweiten Jahres lernt Victor einen neuen Studenten, Mathieu, flüchtig kennen. Als Mathieu sich kurz darauf das Leben nimmt, verändert sich völlig unerwartet das ganze Leben für Victor…

Victor, der bis dato ein „unsichtbares“ Leben für alle um sich herum in Paris geführt hat, wird durch den gewaltsamen Tod von Mathieu plötzlich „sichtbar“ und findet sich inmitten des Interesses / der Neugierde seiner Mitmenschen wieder, da Victor der einzige Freund von Mathieu gewesen zu sein scheint. Durch Schweigen und Unterlassung vermeidet er, die Tatsachen ins rechte Licht zu rücken und sonnt sich etwas in der Aufmerksamkeit. So wird Victor’s Leben komplett auf den Kopf gestellt, bevor er sich seiner selbst und seiner Gefühle hinsichtlich des Selbstmords klar werden kann.

Im Verhalten gegenüber Mathieu’s Vater lerne ich eine andere Seite von Victor kennen. Nach und nach erhalten das Lycée und die Zukunftsplanung eine andere Wertigkeit für Victor. Victor muss erwachsen werden und sich ebenso verhalten.

In „Ein Winter in Paris“ reist der erwachsene Victor zurück in das Jahr 1984. Eine Reise, die ich gerne begleite, welche mich mit ihren sanften Tönen und ihrer Einfühlsamkeit anrührt und für Victor einnimmt. Obwohl ich nicht mit allen Schritten von Victor übereinstimme und mir nicht alle Beweggründe offengelegt werden. Aber hier setzt J.-P. Blondel vielleicht auch ein wenig auf die Einfühlsamkeit / Phantasie seiner Leser.


Jean-Philippe Blondel, Ein Winter in Paris, gebundene Ausgabe, Literatur, Deuticke Verlag, 19,00 €, 192 Seiten, Erscheinungstermin 24.09.2018