Ein spanisches Märchen?

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Von

Eine eigene Zukunft - Maria Duenas

Gestaltung:

Da das Buchcover in sehr dezenten Farben gehalten ist und auch der zentrale Blickfang, eine schwarz-weiß Fotografie einer jungen Frau, besticht es im Vergleich zu den zahlreichen anderen Neuerscheinungen optisch eher durch seine Schlichtheit. Im Buchhandel wäre ich vermutlich daran vorbeigelaufen.

Inhalt:

1936: Eine Frau folgt ihrem Mann, einem Weltenbummler und Überlebenskünstler, nach Jahren der Trennung zusammen mit den drei bildhübschen, aber ungestümen Töchtern, aus der geliebten Heimat, einer andalusischen Provinz, in ein neues Leben in New York nach, um dort widerwillig seinen Traum vom eigenen Restaurant zu unterstützen. Noch ehe das Restaurant genügend Geld abwirft, um ihnen den Lebensunterhalt zu sichern, stirbt der Vater bei einem tragischen Unfall. Zurück bleiben vier verstörte Frauen mit mangelnden Sprachkenntnissen, ohne soziale Kontakte und finanzielle Rücklagen. Um sich aus dieser misslichen Lage zu befreien, sind sie bereit die Arme hochzukrempeln und sich eine eigene Zukunft aufzubauen, doch scheint sich jede von ihnen diese gänzlich unterschiedlich auszumalen. Eine Diskrepanz, die droht, die Familie auseinanderbrechen zu lassen.

Charaktere:

Wer es liebt, eine Vielzahl an bunten Charakteren kennenzulernen, der wird an diesem Buch seinen Spaß haben. Die Autorin gibt sich Mühe, zahlreiche, teils abstruse Figuren in das Geschehen zu verwickeln und auch deren Geschichten für den Leser zugänglich zu machen. Eine Tatsache, die an manchen Stellen vergessen lässt, dass im Mittelpunkt eigentlich die drei Schwestern der Familie Arenas stehen, und somit dafür sorgt, dass der Fortgang der eigentlichen Geschichte verzögert wird.

Die drei Schwestern selbst könnten zwar unterschiedlicher nicht sein, blieben mir persönlich aber doch zu blass. Victoria, die älteste Schwester, war mir von Beginn an eher unsympathisch und ihre Handlungen fragwürdig. Sie heiratet einen älteren Mann, den sie gar nicht liebt, in einem Land, indem sie gar nicht bleiben will, scheinbar um sich finanziell abzusichern, was mir zu diesem Zeitpunkt gar nicht dringlich erschien.

Mona, die Mittlere, war mir dagegen schon sympathischer. Sie hat die Idee, aus dem Restaurant einen Nachtklub zu machen, und setzt daraufhin alle Hebel in Bewegung, um dieses Ziel zu erreichen. Doch mal ehrlich, als der spanische Infant in ihr Leben tritt, driftet die Story doch ziemlich ins Phantastische ab…

Die Jüngste, Luz, war für mich die Krönung der Naivität. Feuer und Flamme für Musik und Tanz träumt sie von einer Weltkarriere. Doch Unterstützung sucht sie sich dafür beim zwielichtigsten Kerl, der ihr über den Weg laufen konnte. Zu toppen eigentlich nur noch von ihrer Mutter, die ein Beispiel dafür ist, wie Integration scheitern kann, wenn man selbst keinerlei Interesse am Leben um sich zeigt. Isoliert und einsam fristet sie ein Dasein in der Küche des Restaurants und regt sich über ihre wilden Töchter auf, die sich so gar nicht an ihre eigenen Pläne halten wollen.

Schreibstil:

Der Schreibstil war wirklich besonders und hat mich stets zum Weiterlesen animiert. Als Spanierin weiß sie einfach, wie sie diesen bestimmten spanischen Flair mit ihren Worten zum Ausdruck bringen muss. Und auch wenn mich die Geschichte an sich nicht zu 100 Prozent überzeugen konnte, so werde ich es mit Sicherheit noch einmal mit ihrem weltweit erfolgreichen Debutroman probieren.

Fazit:

Wer sich für spanische Literatur interessiert, der sollte einen Versuch mit „Eine eigene Zukunft“ von Maria Duenas wagen. Es wird ihm auf jeden Fall mit einem ganz besonderen Schreibstil und vielen bunten Charakteren gedankt werden. Doch wer sich einen historischen Roman über spanische Einwanderer im New York der 30er Jahre erhofft, wird hier meines Erachtens mit einem abenteuerlichen Chaos abgespeist, das -wie ich mir vorstelle, weit entfernt von der ernüchternden Realität der damaligen Zeit ist.