Interessant, aber schwerfällig

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kleincaro89 Avatar

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Sehr steif und nur mäßig ansprechend begrüßt eine streng gekleidete junge Frau den Leser auf dem Cover. Viel einladender dagegen ist die Inhaltsangabe auf dem Buchrücken, welche von Lebenslust und Willen zeugt, das Leben selbst in die Hand zu nehmen.
Die ersten Seiten des Buches sind sehr interessant geschrieben und auch die erzählte Geschichte um den spanischen Familienvater und Weltenbummler Emilio weckt eine gewisse Neugier beim Leser. Als junger Mann aus Spanien fast schon geflohen, wandte er sich der Weltgeschichte zu, trudelte manchmal zu Hause ein, während sich seine Frau im Spanien der 20er und 30er Jahre selbst durchschlagen musste und ein Kind nach dem anderen bekam. So lebte sie mit ihren drei Mädchen ein eigenständiges Leben, bis ihre familiäre Stütze in der Heimat wegbrach und sich Emilio nun gezwungen sah, Frau und Kinder zu sich zu holen: nach New York, seiner Wahlheimat. Missmutig und ohne Wunsch nach Integration zeigten die drei jungen Frauen der Weltstadt die kalte Schulter, behandelten alle Nachbarn und Freunde unfreundlich und gaben sich auch im familiären Geschäft keinerlei Mühe. Bis eines Tages das Schicksal zuschlug, Emilio einen grauenvollen Tod fand und ab diesem Moment vier Frauen in einer fremden Stadt auf sich selbst gestellt waren. Eine Idee kristallisiert sich schnell heraus: den vom Vater betriebene Restaurant in einen Nachtclub zu verwandelt.

Auf den ersten Seiten des Buches noch etwas Neuem und Interessantem geleitet, muss der Leser schnell feststellen, dass sich eine gewisse Langatmigkeit über die gesamte erste Hälfte des Buches ausdehnt. Wie eine Spinne ihre Beine spreizt die Autorin ihre Worte in alle auftauchenden Personen aus, beschreibt sie sehr intensiv und bringt sie mit den Mädchen der Familie in Zusammenhang. Was für die Abhandlung des Buches zwar sinnvoll erscheint, gibt dem Buch in diesem Moment allerdings etwas Schwerfälliges, was auch auf den Leser übergeht.
Den Werdegang der Mädchen zu begleiten, macht Spaß und wiegt die eben noch gestreute Schwerfälligkeit ein bisschen auf. Nichtsdestotrotz scheint es, als sei das Ziel, den Nachtclub zu eröffnen, nicht das Hauptaugenmerk, auf das sich die Autorin hier fixiert. Scheinbar ist alles anderen interessanter, das sich diese Gegebenheit immer weiter nach hinten verschiebt, als würde sie gar kein Teil der angepriesenen Geschichte auf dem Buchrücken darstellen. Selbstverständlich basiert alles, was die Mädchen tun, auf diesem Ziel, jedoch muss ich zugeben, habe ich hier definitiv mehr erwartet.
Der Schreibstil ist einer, in den ich mich persönlich erst hineinfinden musste. Zwar ist die Art sehr flüssig und stimmig, doch das Gesamtpaket brauchte etwas, um mich mitzureißen. Ebenso hat die gesamt Handlung mich erst im letzten Drittel des Buches wirklich erwischt, sodass ich mich ab dort wirklich erst im Buch wiedergefunden habe.

Zusammenfassend ist das Buch etwas schwerfällig, dennoch definitiv interessant. Es hat mich fasziniert in eine Weltstadt der 30er Jahre entführt zu werden, eine Entwicklung zu verfolgen, welche sehr emotional war.