Leben (und Sterben) in Metaphern

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murksy Avatar

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Joe Hammond, der mittlerweile am Ende seines Weges angekommen ist, berichtet in seiner Geschichte von seinem Leben und seinem Sterben. Ein Thema, das so gut wie jeder zu verdrängen sucht. Und wer nicht in einer ähnlichen Situation ist, wird auch kaum nachvollziehen können, wie es ist, zu sterben. Es gab schon andere Bücher dieser Art, von Krebs- oder Suchtkranken, die vor ihrem Tod ihre letzten Schritte der Nachwelt hinterlassen haben. Hammond, der zu Lebzeiten im Schreiben geübt war, benutzte mit Masse das Mittel der Metapher, um seine Gefühle und sein Leben zu beschreiben. Das funktioniert oft sehr gut. Wenn allerdings fast alles auf diesem Stilmittel aufbaut, wird das irgendwann abstrakt und entfremdet. Die Metaphern, die Hammond findet, passen zwar. Doch je mehr Bildnisse der Leser zu entschlüsseln hat, umso ferner scheint die Geschichte. Und dies bezieht sich nicht nur auf die Erkrankung, sondern auch auf den autobiographischen Teil, der die schwierige Jugend des Autors und sein Verhältnis zu seinem Vater behandelt. So bleibt bei allem Mitgefühl und Staunen über die Offenheit des Schreibers, ein Abstand, der eine wirkliche Auseinandersetzung mit dem Leben und Sterben des Joe Hammond erschwert.
Zudem wäre es wünschenswert gewesen, etwas mehr über die Krankheit zu erfahren. Natürlich kann man das im Netz oder der Fachliteratur nachlesen, im Zusammenhang mit der Lebensgeschichte hätte es jedoch gut ins Buch gepasst. Vor allem, da das Buch auch als Vermächtnis an die Söhne des Autors gedacht ist. Bleibt zu wünschen, dass zumindest der unterschwellige Zweck, die Familie finanziell zu unterstützen, mit dem Buch erreicht wird.
Für mich bleibt ein zwiespältiger Eindruck zurück. Es ist da der offene Umgang mit einem natürlichen Prozess, der jeden, in welcher Form auch immer, ereilen wird. Andererseits ist das Buch eine Abrechnung mit der Vergangenheit, wie sie vor allem seit Knausgard sehr beliebt zu sein scheint. Ein ambivalentes Gefühl bleibt zurück, zwischen Trauer, Mitgefühl, Distanz und voyeuristischer Neugier angesiedelt. Das Buch geht Nahe, ohne mich auf allen Ebenen zu erreichen. Und dies ist meiner Meinung nach dem übertriebenen metaphorischen Stil geschuldet. Bestimmt kein leichtes Buch, dennoch mutig und offen, in manchen Sichtweisen vielleicht sogar egoistisch. Doch das ist ein Recht, das man dem verstorbenen Autor zugestehen muss.