Glücksente für alle

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Glücksente für alle

Der Therapeut Lindholm versucht, Cressida Catterberg dabei zu helfen, ihr Leben auf die Reihe zu bekommen. Oder will Cressi das einfach nur glauben? Auf alle Fälle ist sie ständig pleite und das definitiv hauptsächlich, weil sie die teuren Therapiesitzungen zahlen muss. Noch dazu hat sich der One-Night-Stand ihrer Mitbewohnerin auf ihrer Couch einquartiert und mischt sich ständig in ihr Leben ein, sogar die alte Chinesin vom Imbiss gibt ihr ständig ungefragt Ratschläge. Ganz zu schweigen von ihre Schwestern und Tanten! Und dann stirbt die Mutter und lässt jede Tochter mit einem überraschenden leiblichen Vater und tausend unbeantworteten Fragen zurück. Dafür sollen die Schwestern ihre Asche illegal im Englischen Garten verstreuen und noch dazu Cressi das seit Jahren stillgelegte Bistro übernehmen. Noch mehr Chaos geht ja wohl gar nicht!

Ja, Cressi hat es nicht leicht und noch dazu steht sie sich ständig selbst im Weg. Man mag ihr immer wieder auf die Schulter tippen und ihr sagen, dass sie sich einen neuen Therapeuten suchen soll oder noch besser: gar keinen braucht! Sie lässt sich einfach nur immer wieder viel zu viel gefallen und wehrt sich zu selten. So schräg die meisten Entscheidungen von Cressi sind, man mag sie irgendwie und findet sie erstaunlicher Weise nicht halb so nervig, wie sie eigentlich doch ist.

Der Schreibstil ist wunderbar! Cressi erzählt ihre Geschichte selbst und das mit ganz viel Selbstironie und Galgenhumor. Sie ist sich also durchaus bewusst, dass in ihrem Leben immer wieder Dinge geschehen, die absolut unüblich und ungewöhnlich sind. Entsprechend wirkt ihre Erzählweise ein bisschen hektisch und überstürzt, aber es passt genial zu den Geschehnissen.

Die „Randfiguren“ sind einfach wunderbar und ganz vorne steht bei mir Wischnewski – ich habe es bildlich vor Augen, wie er aus dem Keller heraus Eis verkauft. Und es versetzt mich in meine Kindheit zurück, in der es so einen Eisverkauf auch gab. Hach, war das toll! Selbst Cressis wirklich anstrengende Tanten haben etwas Liebenswürdiges. Sie wirken ein bisschen aus der Zeit gefallen, aber anders würde ich sie gar nicht haben wollen!

Die Lektüre hat enorm Spaß gemacht, schon allein, weil Mimi Steinfeld ernste Themen auf eine humorvolle Weise verarbeitet, die nicht respektlos ist. Ein bisschen mehr Cressi würde uns allen gar nicht schaden. Vor allem, wenn eine Lucinda, ein Mika, ein Wischnewski, eine alte Chinesin und ein Hund namens Schröder beteiligt sind. Keine nobelpreisverdächtige Lektüre, aber ein großartiger Lesespaß und deshalb gebe ich die vollen fünf Sterne!