Rührende Geschichte, die nachdenklich stimmt, aber auch volle Konzentration erfordert.

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fernweh nach zamonien Avatar

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Inhalt:

Elvis lebt mit seinen Eltern am Friedhof in Berlin-Wedding.

Seltsame Dinge geschehen plötzlich im Haus der Familie Gursinski sowie auf dem Friedhof.

Dass der Junge sich mit Geistern unterhalten kann, ist hierbei noch das Normalste.

Ausgerechnet von Dalia, dem krassesten Mädchen der Schule, erhält Elvis Unterstützung.


Altersempfehlung:

etwa ab 12 Jahre


Illustrationen:

Aufgrund des Lesealters (der Verlag empfiehlt das Buch bereits ab 10 Jahre) ist der Bildanteil sehr gering.

Die kurzen Kapitel werden eingeleitet von schwarz-weißen Vignetten, um einen Vorgeschmack auf kommende Ereignisse zu geben.

Innerhalb der Erzählung finden sich vereinzelt kleine Zeichnungen. Auf diese Weise erhält man zumindest von Elvis und Dalia ein genaueres Bild.


Meine Meinung:

Das Setting hat mir am meisten zugesagt: ein etwas heruntergekommener Friedhof im Wedding in Berlin, ein mysteriöses Haus ...

Auch die Charaktere sind durchgehend schräg und außergewöhnlich. Dalia ist frech, abenteuerlustig und hat eine ganz eigene Art von Humor (wenn auch oftmals zu gewollt). Elvis ist das absolute Gegenteil. Der schüchterne Junge ist in sich gekehrt und hadert mit sich. Dass er schon lange die Stimmen der Verstorbenen hören kann, ängstigt ihn kaum. Er unterhält sich gerne mit ihnen, wird aber für alle Lebenden zum "schrägen Vogel" und dadurch zum Außenseiter. Sein bester Freund ist das quirlige Eichhörnchen Kücük.

Zudem hat es Elvis nicht leicht, da die Eltern sich getrennt haben und im Wochenwechsel in dem Haus auf dem Friedhof bei ihrem Sohn leben. Der Vater hat depressive Schübe, die in einer vollkommenen Müdigkeit enden, und die Mutter versinkt regelrecht in ihrer Kunst und ist dann für niemanden ansprechbar.

Elvis ist daher immer auf sich allein gestellt. Er übernimmt sogar die Aufgaben der Eltern auf dem Friedhof. Er harkt die Wege, prüft Grabsteine auf Stabilität und entfernt Unkraut.

Die Handlung entwickelt sich in eine Richtung, die ich so nicht erwartet habe. Es hat sehr lange gedauert, den eigentlichen Kern der Geschichte zu erkennen.

Erst am Ende erschließt sich der Sinn (und der Buchtitel).

Aufgrund des Klappentextes und der Verlagsempfehlung "Ein humorvoller Kinderroman mit Ausflügen ins Schauerliche." habe ich mir etwas anderes erhofft: eine leichte und unbeschwerte Lektüre mit ein wenig Grusel.

Inwieweit die Zielgruppe der - für mich schon teilweise wirren - Handlung folgen kann, vermag ich nur zu erahnen.

Es wird einem keinesfalls leicht gemacht. Beispielsweise sind die Krankheiten der Eltern oder die Tätigkeit von Dalias Großmutter nie exakt benannt. Die verschrobene Dame bildet ihre Enkelin als Nachfolgerin aus, um weiterhin Menschen Hilfe in übersinnlichen Dingen anzubieten. Schutzamulette, Tränke und Tees ... Man kann hier schonmal den Überblick verlieren.

Hinzukommen die persönlichen Geschichten der Verstorbenen. Diese sind interessant, überaus tragisch und bringen viele Infos, die dann durch Lesende wieder korrekt einzuordnen sind.

Es ist wie ein Puzzle, bei dem man nie sicher ist, überhaupt alle Teile in Händen zu halten, und bei dem man das finale Bild nicht kennt.

Die Botschaft "Jeder fühlt sich mal "falsch". Doch es ist in Ordnung, anders zu sein!" gefällt mir sehr, rückt aber erst am Ende in den Fokus.

Bei diesem ungewöhnlichen Buch bin ich hin- und hergerissen. Schlussendlich reicht es nur für 3 von 5 Grabsteine.


Fazit:

Leider konnte mich Elvis (auch wenn er sehr sympathisch ist) mit seinem Abenteuer nicht vollständig überzeugen.

Eine berührende Geschichte mit skurrilen Charakteren, die sich in eine völlig andere Richtung entwickelt und deren Sinn ich stellenweise nicht folgen konnte, auch wenn das Ende mich dann wieder abholen konnte.


...

Rezensiertes Buch: „Elvis Gursinski und der Grabstein ohne Namen" aus dem Jahr 2022