Vergrabene Geheimnisse

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karschtl Avatar

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Mein zweiter Krimi von Camilla Laeckberg nach "Die Totgesagten", der mir eigentlich noch besser gefallen hat als der vorherige.

Diesmal geht es um zwei Morde, die anscheinend auf ein gemeinsames Erlebnis der Opfer und Täter in der Vergangenheit zurück geht. Dies macht die Arbeit für die Polizei keinesfalls leichter, da mögliche Zeugen entweder wegsterben oder gar nicht mehr befragt werden können. Zufälligerweise recherchiert Erica, die Frau eines Polizisten, gerade die Jugendzeit ihrer Mutter, die mit den Opfern (und auch mit dem Täter/den Tätern?) zur damaligen Zeit gut befreundet war. Zusammen kommen sie einem alten Mordfall auf die Spur.

Thematisch befinden wir uns diesmal ja in der Hälfte des Romans in der Nazizeit und deren Auswirkungen auf Schweden. Allerdings bietet das eigentlich nur die Kulisse für Geschehen, das im Grunde nur indirekt mit den Nazis zu tun hat.

Auch diesmal bedient sich Laeckberg dem Stilmittel der Rückblenden, um den Leser die Ereignisse in den 40er Jahren zu schildern. Wobei wir als Leser weitaus mehr erfahren als Erika aus den Tagebüchern ihrer Mutter Elsy, da auch die Rückblenden von einem allwissenden Erzähler geschildert werden und nicht aus der Ich-Perspektive von Elsy. Ich fand beide Erzählebenen gleichermaßen spannend, sowohl das Hier&Jetzt als auch die Vergangenheit. Als interessierter Leser musste man auch ständig mitraten, was genau sich nun zugetragen hat und welches Geheimnis aus der Vergangenheit zu den Geschehnissen 60 Jahre später geführt haben mögen.

Viele Charaktere sind mir aus den "Totgesaten" bereits bekannt, wobei es keine Voraussetzung für das Verständnis ist schon einen anderen Roman gelesen zu haben. Alle Personen werden hier gut eingeführt, und ich hatte eh schon das meiste vergessen. Besonderer Schwerpunkt liegt in diesem Roman auf Erika und Patrick, aber auch über Mellberg erfahren wir viel - obwohl er ja mit den eigentlichen Ermittlungen in den Fällen eher weniger zu tun hat. Seine Geschichte ist somit eine komplett 'private'. Aber auch über Nebenfiguren wie Gösta und Annika erfahren wir einiges persönliches, ebenso wie es bei Anna und Dan weitergeht.

Sehr gut nachvollziehen konnte ich die Episoden zur Elternzeit/Karenz, da ich mich gerade auch in selbiger befinde. Wie sich Erika und Karin fühlten kommt mir sehr sehr bekannt vor, anscheinend kann Camilla Laeckberg in der Beziehung aus eigener Erfahrung berichten. :-)
Was ich ebenfalls sehr interessant fand ist, wie die Personen teilweise mit den Polizisten umgehen, manchmal eher unkooperativ (grad nicht viel Zeit für Fragen etc., die Polizei muss manchmal fast "bitte bitte" sagen bevor sie zu einigen Angaben kommen). Als Vertreter der Exekutive hätte ich mir da doch oft mehr Respekt gegenüber Autoritätspersonen erwartet. Weiß nicht, ob das in Schweden wirklich so ist.

Eher unverständlich war für mich auch das Verhalten von Elsy ihren zwei Töchtern gegenüber nach den Erlebnissen in ihrer Jugend. Wenn sie sich damals geschworen hat, nie wieder 'lieben' zu wollen, wieso hat sie dann überhaupt geheiratet und Kinder in die Welt gesetzt? Und ob man sowas wirklich durchhalten kann obwohl man seine zwei kleinen Mäuse doch am liebsten mal in den Arm nehmen möchte bin ich mir gerade als frisch gebackene Mutter auch nicht so sicher.

Der Schreibstil war wieder äußerst angenehm, zusammen mit dem spannenden Inhalt garantiert das also einen guten Lesefluss. War bei mir nur durch andere Verpflichtungen gehemmt, Stichwort Elternzeit. :-)

Was mir nicht gefallen hat:
- Wenn von der damaligen Clique gesprochen wurde, wurde mehrmals geschrieben dass nun 'zwei der vier Personen' tot wären. Aber es sind ja bereits drei Personen, da Elsy ja ebenfalls nicht mehr lebt. Das wurde irgendwie immer ignoriert.
- Die Altersangaben von Erik und Axel können so irgendwie nicht stimmen, mindestens zwei Mal wird geschrieben dass sie 4 Jahre auseinander sind, aber dann wieder wird geschrieben dass Erik 13 ist und Axel 19. Passt nicht so recht zusammen.
- Den Titel hab ich gar nicht verstanden, weder Engel und schon gar nicht Eis spielt an irgendeiner Stelle eine Rolle. Ist das eine schlechte Titelwahl oder einfach nur unpassende Übersetzung des deutschen Verlages??

Abschließend aber dennoch ein äußerst empfehlenswerter Skandinavien-Krimi.