Wenn Vergangenheit und Gegenwart zusammenprallen

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anonymous Avatar

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In dem kleinen Örtchen Fjällbacka in Schweden, wird der pensionierte Geschichtslehrer Erik Frankel von zwei jugendlichen Einbrechern in seinem Arbeitszimmer tot aufgefunden. Dem Ungeziefer nach, welches sich in dem Zimmer gebildet hat, liegt der Tote schon einige Wochen dort.

Schon bald darauf wird eine weitere Person ermordet, Britta, sie ist ebenso alt wie Erik Frankel und es stellt sich heraus, dass die beiden sich aus ihrer Jugendzeit kennen. Sie gehörten einem Freundeskreis an, der aus 4 Menschen bestand: Britta, Erik, Elsy und Frans. Alle Vier werden in ihrem Leben jedoch unterschiedliche Wege gehen und erst nach 60 Jahren wieder Kontakt miteinander haben.

Mehr oder weniger gehört auch Axel Frankel, der Bruder von Erik zu dieser Gruppe, jedoch ist er während der Kriegsjahre im Widerstand tätig und wird 1944 von den Deutschen festgenommen.
Was haben die Ereignisse zwischen den Jahren 1943 bis 1945 mit den Morden an Britta und Erik zu tun?

Patrik, Polizist ist im Elternurlaub, seine Tochter Maja ist ein Jahr alt, bisher hatte sich Erika, sein Frau um die gemeinsame Tochter gekümmert. Erika ist Schriftstellerin und hat mit der Arbeit an ihrem neuen Buch begonnen. Zeitgleich beschäftigt sie sich mit den kürzlich gefundenen Tagebüchern ihrer Mutter Elsy und wird schon bald in den Strudel der Morde und der Ereignisse in den Kriegsjahren hineingezogen.

Mellberg, Leiter der Polizeidienststelle, ein brubbeliger, gemütlicher Mann kommt durch Zufall? zu einem Hund und über den Hund lernt er eine Frau kennen. Durch diese Bekanntschaften scheint er umgänglicher zu werden, nicht zuletzt durch die Schwangerschaft der Schwiegertochter dieser Frau.
Mellberg, ein Chef der nicht wirklich an den Ermittlungen beteiligt ist und eine ganz eigene Spannung in dem Buch durch sein Privatleben schafft.

Die Ermittlungen der Polizei konzentrieren sich auf Neonazikreise, in denen Frans eine große Rolle spielt. Natürlich stellen sich beim Lesen viele Fragen. Was hat Frans mit den Morden zu tun und hat er überhaupt etwas damit zu tun? Warum werden zwei alte Menschen ermordet und hat Frans Enkelsohn etwas damit zu tun? Warum wurde in das Haus überhaupt eingebrochen und welche Rolle spielt Axel Frankel in dieser Geschichte?
Des weiteren stellen sich viele Fragen zum Privatleben der einzelnen Akteure. Wie geht es mit Mellbergs neuen Bekanntschaften weiter? Wie entwickelt sich die Beziehung zwischen Erika und Patrik? Wie kommt Patrik mit seiner neuen Rolle zurecht?
Natürlich werde ich an dieser Stelle keine Antworten geben und es auch bei dieser Inhaltszusammenfassung belassen, ich möchte euch die Spannung ja nicht im Vorfeld nehmen.


**Auf Spurensuche...**

Mir war die Autorin unbekannt, da mir die Leseprobe aber wirklich ganz ausgezeichnet gefallen hatte und ich mich sehr über die Gewinnbenachteiligung gefreut habe, wartete ich ungeduldig auf das Buch, da ich unbedingt wissen wollte, wie es mit der Handlung weiter gehen wird.

Das Buch kam an und ich begann auch gleich mit dem Lesen dieses Buches. Von der Leseprobe wußte ich ja schon, dass man unmittelbar in die Handlung hineinkommt und sich die Spannung gleich von Anfang aufbaut. Ein Fakt reiht sich an den anderen , es stellt sich eine Frage nach der anderen und ich wollte natürlich die Antworten haben, bemühte mich allerdings selber mitzuknobeln und zu ermitteln. Das funktionierte bei diesem Buch sehr gut. Die Ermittlungen können sehr gut nachvollzogen werden und man kann ihnen sehr gut folgen. Oft habe ich das Gefühl, bei Krimis und Thrillern nicht mitbekommen zu haben, wie die Ermittler auf dieses oder jenes gekommen sind, bei „Engel aus Eis“ hatte ich dieses Problem gar nicht.

Die Autorin arbeitete kaum mit Kapiteln. Es wird nur zwischen der Gegenwart und der Zeit zwischen 1943 und 1945 unterschieden. In den Gegenwartskapiteln finden sehr häufige Wechsel zwischen den einzelnen Erzählsträngen statt. So gibt es dort die privaten Geschehnisse von Erika und Patrik, gemischt mit den Tagebüchern ihrer Mutter. Ein weiterer Strang beschäftigt sich mit Erikas Schwester, ihrem neuen Partner und den Kindern. Die privaten Ereignisse um Mellberg herum. Britta und ihr Mann sind in wieder einem anderen Strang zu finden, in einem anderen Axel, in einem nächsten Frans, in wieder einem anderen Kjell, Frans Sohn, in noch einem anderen Kjells Sohn und dessen Mutter. Und so ganz nebenbei werden auch noch die Ermittlungen erwähnt und irgendwann im Laufe des Buches vermischen sich die Stränge mit einander.
Ein klein wenig Gehirnjogging stellt das Verfolgen der Handlung schon da. Hat man sich gerade auf den einen Erzählstrang eingelassen, befindet man sich schon beim nächsten. Sehr geschickt geschrieben, die Spannung steigt und dadurch das die einzelnen Abschnitte nicht lang sind, habe ich immer noch ein paar Seiten mehr gelesen um meine Neugierde zu stillen, da ich oft unbedingt wissen wollte wie es weiter geht.

Sehr gut fand ich an diesem Kriminalroman die Tatsache, dass das Privatleben der einzelnen Akteure eine große Rolle spielte und die Ermittlungen eigentlich eher am Rande stattfanden. Es kommen in diesem Buch keine Superpolizisten vor, die alles unter Kontrolle haben, keine Selbstzweifel besitzen, die Machtbesessen und sozial gestört sind. Ich habe diesen Kriminalroman als sehr menschlich empfunden, der auch den alltäglichen Problemen nicht ausweicht und nichts schönredet. So fand ich die Abschnitte die sich mit Kindererziehung beschäftigen sehr interessant und auch die Auseinandersetzung mit dem Problem Arbeit und Kindererziehung, der Aufteilung zwischen den Partnern und dem Problem, dass die reine Kinderbetreuung eine Frau nicht unbedingt ausfüllt.

Die Handlung bewegt sich zu einem Teil in Neonazikreisen und in der Zeit zwischen 1943 und 1945, um diese Szenen darstellen zu können, war sicherlich eine Menge Recherchearbeit notwendig. Ob die dargestellten Zusammenhänge tatsächlich stimmen, ob einzelne Angaben korrekt sind, weiß ich nicht. Ich bin auf diesen Gebieten kein Experte und mir würden Fehler in der Recherche sicherlich nicht auffallen. Ich habe das Dargestellte jedoch als sehr logisch und schlüssig empfunden. Auch hier sage ich wieder, dass ich einen Roman lese und kein Fachbuch, wenn ich exakte Angaben haben möchte, dann würde ich zu dem Thema keine Unterhaltungslektüre lesen.

Nun ist „Engel aus Eis“ nicht das erste Buch der Autorin und einige Personen, kamen schon in den vorangegangenen Büchern vor, so konnte man wohl schon die Beziehung zwischen Erika und Patrik in dem vor diesem erschienenen Roman mitverfolgen. Ich würde allerdings sagen, dass man die vorangegangenen Bücher nicht lesen müsste, um „Engel aus Eis“ zu verstehen. Die Handlung baut nicht auf eine vorherige auf, einzig die Entwicklungen einiger Personen wird man wohl intensiver mitverfolgen können, wenn man auch die Vorgänger gelesen hat.

Unerwähnt möchte ich nicht lassen, dass sich dieses Buch auch mit den Beziehungen zwischen Eltern und ihren Kindern beschäftigt. Damit welche Folgen ein Verlust auf das weitere Leben und die engsten Angehörigen hat. Die Tatsache, dass Kinder oft Fehler ihrer Eltern wiederholen und ihnen dieses irgendwann bewusst wird. Es wird die Frage von Schuld behandelt, die Auswirkungen von Hass und Liebe, was geschehen kann, wenn sich ein Mensch das Lieben untersagt. Wie geht ein Mensch mit seiner eigenen Schuld um, wenn er seinen Leben damit verbracht hat, Schuldige zu jagen oder hat er gerade wegen seiner eigenen Schuld andere gejagt?

Die Sprache dieses Buches ist sehr einfach und kam mir stellenweise immer mal wieder sehr naiv und unpassend zu den Themen vor. Es wurde viel mit Phrasen gearbeitet und gerade zwischen den Seiten 340 und 450 fiel mir das Lesen auf Grund dessen etwas schwerer. Der Lesefluss wird durch die manchmal viel zu kurzen Sätze unterbrochen, so dass es einem Holpern und stolpern glich. Gerade in dem eben genannten Abschnitt kamen auch viele Wiederholungen vor und im Nachhinein würde ich sagen, dass man das Buch auch hätte um 100 Seiten kürzen können.

Insgesamt fand ich den Roman unterhaltsam, spannend, für das kurzweilige Lesevergnügen sehr geeignet. Ein etwas anderer Kriminalroman, der sich mehr auf die privaten Umstände als auf die Ermittlungsarbeit konzentriert.

**Die Autorin**

Camilla Läckberg wurde 1974 geboren, sie ist verheiratet und hat drei Kinder. Sie selber stammt aus Fjällbacka, der Ort bildet auch die Bühne für ihre [Bücher](http://www.ciao.de/Bucher_9660_2).
Camilla Läckbergs Romane erscheinen in 30 Ländern und wurden bisher über sechs Millionen Mal verkauft.
Sie lebt mit ihrer Familie in Stockholm.

**Sonstiges**

Das Buch ist im List Verlag erschienen, hat 500 Seiten, kostet 19,95 Euro und hat die ISBN Nr.: 978-3-471-35015-7.


**Mein Fazit**

Ich könnte mir durchaus vorstellen, auch noch die Vorgängerromane von „Engel aus Eis“ zu lesen, nur alleine um herauszufinden, welche Personen in diesen vorkommen und welche Wege sie gehen und aus diesem Grunde würde ich auch die Fortsetzungen lesen.
Wie ich schon schrieb, bietet dieser Roman ein kurzweiliges und spannendes Lesevergnügen und ich möchte ihm gerne 4 Sterne vergeben. Warum ziehe ich einen Stern ab? Ich fand die Sprache und Wortwahl oft nicht passend zu den Themen, ansonsten habe ich aber an diesem Buch nichts auszusetzen.