Klirrendes Glas

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juniverse Avatar

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Juliette Darling lebt mit ihren Eltern in New York und geht bald aufs College. Ihr bester Freund David von nebenan hat Krebs und ist in sie verliebt. Sie wollen ihre Jungfräulichkeit aneinander verlieren. Doch als Juliette den Pizzaboten Rico trifft, nimmt die Entfremdung ihren Lauf.

„Es war einmal in Brooklyn“ ist ein Roman von Syd Atlas.

Die drei Protagonisten Juliette, David und Rico scheinen Stellvertreter für die vorherrschenden Denkweisen der Jugendlichen in den 70ern in New York zu sein.

Juliette Darling ist die Protagonistin der Geschichte, an ihr hangelt sich die Geschichte grob entlang, beschränkt sich aber nicht auf ihre Sichtweise. Das ist insofern gut, da ich mit Juliette menschlich nichts anfangen konnte.

Die Geschichte spielt in den 70ern und fängt den damaligen Zeitgeist, soweit ich es beurteilen kann, authentisch ein. Es schwingt durchgehend eine sehnsuchtsvolle Nostalgie mit, aber auch Schrecken angesichts des latenten Rassismus und Sexismus. Die überraschende Erkenntnis, wieviel Gutes sich bis heute eigentlich schon getan hat, stimmt zwar hoffnungsvoll, dennoch ist die Grundstimmung eher destruktiv.

Drei Akte unterteilen das Buch in Abschnitte, das war es aber auch schon mit der Struktur. Sinn und Reihenfolge der willkürlichen Zeitsprünge sind nicht erkennbar.

Der Erzählstil wechselt zwischen den Protagonisten und Nebencharakteren hin und her. Er vermittelt unterschwellig die Tatsache, dass Menschen unterschiedlich sind und nehmen die gleichen Situationen anders wahrnehmen. Es gibt eine mögliche Antwort auf die Frage: Wie wäre es in das Leben und die Sicht der anderen einzutauchen? (Scheinbar nicht erstrebenswert).

Entgegen meiner Erwartungen nach Klappentext und Leseprobe kommt der Blackout nur ganz kurz in der Mitte des Buches vor, der angeteaserte Son of Sam wird ebenfalls nur nebenbei erwähnt. Außerdem handelt es sich weniger, eigentlich überhaupt nicht, um eine Liebesgeschichte, eher um die Geschichte einer sterbenden Freundschaft.

Der Blackout steht eigentlich für den Dreh- und Angelpunkt der Geschichte, ein traumatisches Ereignis in Juliettes jungem Leben. Der Schreibstil ist nüchtern, der Verzicht auf Wertung ein umstrittenes Stilmittel. Denn das sorgt für fehlende Aufarbeitung der angesprochenen Traumata. Es fühlt sich an, als würden einem selbst schlimme Dinge geschehen, aber man kann nicht in die Handlung eingreifen. Die Leserschaft dieses Buchs sollte also eine gewisse Lebenserfahrung und emotionale Stabilität mitbringen.

Es gibt einen kleinen Twist am Ende, und normalerweise bin ich dafür immer zu haben, dieser erschien mir jedoch nicht mutig und aussagekräftig genug.

Bei genauerer Betrachtung des Titels könnte das Buch sich vage an alten Märchen orientieren, die Moral beinahe eingeprügelt mittels grausamer Exempel. Es lässt mich einzig mit einem Gefühl von Erleichterung und dem Gedanken zurück - Gott sei Dank lebe ich heute und nicht damals!

Syd Altas hat ein interessantes Werk geschaffen, welches zeitgleich eine Hommage an das New York ihrer Kindheit ist und andererseits zum Nachdenken anregt. Denn eines steht fest: „Die Moral von der Geschicht’ verrät dir Frau Syd Atlas nicht.“