Feuernacht

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owenmeany Avatar

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Wie in einer Allerheiligenlitanei zelebriert Melandri ganz verschmitzt und aus dem Handgelenk geschüttelt das "Resultat dynastischer Schicksalsschläge": Frau Mayer hat das Hotel geerbt und herrscht dort wie eine Königin. Einzig Herr Neumann, seines Zeichens Chefkoch, wagt ihr Paroli zu bieten und setzt die schöne, tüchtige, aber auch schwangere Gerda als Hilfsköchin durch. Also ruht die neugeborene Eva in einer Apfel(!)-Kiste in einer Küchenecke, wo sie nicht im Weg ist. Nur nachts im Schlafsaal fordert das Baby die Toleranz der Mitbewohnerinnen heraus und raubt der jungen Mutter die letzten Kräfte, bis die Tätigkeit im Hotel gar nicht mehr mit der Kinderbetreuung zu vereinbaren ist.

Von den Verwandten im Heimatdorf wird Gerda mit dem Kind abgewiesen, auch im Kloster findet sie keine Zuflucht für beide. Völlig verzweifelt lässt sie Eva schließlich bei irgendeiner Familie zurück, um weiter für ihrer beider Lebensunterhalt arbeiten zu können.

Diese individuellen Probleme werden umrahmt von der politisch schwierigen Situation in Südtirol. Magnano von der Südtiroler Volkspartei steht im Konflikt, wie weit er sich mit den Mitgliedern des militanten Flügels, die im Gefängnis gefoltert wurden, solidarisieren soll, ohne das eine völlige Eskalation droht. In einem ausführlichen Exkurs untermalt die Autorin die Fiktion mit den tatsächlichen Zeitumständen. Ein erschütterndes zeitgeschichtliches Dokument erster Güte liegt hier vor, das auf das beliebte Urlaubsland der Deutschen ein grelles Licht wirft und die hierzulande wenig beachtete Rolle internationaler Geheimdienste in den Fokus rückt.

In jeder Zeile ist der elaborierte Stil, der alle Detail sorgfältig und anschaulich beschreibt, der reinste Lesegenuss. Diese eindringliche Schilderung von Grenzsituationen zeugt von einem tiefen Verständnis menschlicher Seele. Die exzellente sprachliche Gestaltung bewirkt eine erschütternde Identifikation mit den Personen.