Eva schläft: Große Literatur!!

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
signalhill Avatar

Von

Nachdem ich in letzter Zeit eher lockere, weniger niveauvolle Bücher bekommen hatte, möchte ich mich bei Vorablesen für ein Stück große Literatur bedanken. Nachdem Eva lange geschlafen hat und erst gestern bei mir ankam, konnte ich das Buch nicht mehr weglegen und habe es mit Freude bereits fertig gelesen.

In 'Eva schläft' treffen sich Familienroman und historischer Roman in einer verwobenen Lebensgeschichte zweier Frauen, Gerda und ihrer Tochter Eva. Da die Stränge deutlich getrennt sind  - Evas Kapitel sind mit den gefahrenen Kilometern ihrer Zugstrecke nach Kalbrien betitelt, Gerdas Kapitel sind mit den Jahreszahlen  betitelt - muss man zwar mitdenken, kommt aber kaum durcheinander - ganz im Gegenteil - mir hat es Spaß gemacht, Charaktere immer wieder zu treffen oder auch identifizieren zu müssen.

Auch, wenn ich mich noch nie dafür wirklich interessiert habe, fand ich es spannend, über das Leben der Menschen in Südtirol zwischen deutscher und italienischer Identität zu erfahren, zumal dies nicht die einzige Gegend auf der Welt ist, an dem Minderheiten sich anpassen müssen bzw. sprachlich und auch sozial unterdrückt werden.

Die Geschichte Gerdas ist einerseits eine spannende Familiengeschichte, in der Liebe keine allzu große Rolle spielte; andererseits zeigt sie die Umstände einer ledigen Mutter in den 60ger Jahren. Das einzige, was Gerda völlig der Armut entkommen lässt, ist vielleicht ihr außergewöhnlich hübsches Aussehen. Sie ist allerdings auch eine Kämpferin, die z.B. nicht einfach ihr Kind zur Adoption freigibt, wie viele andere Mütter auch. Sie ist eine starke Frau.

Gut gefallen hat mir aber auch die Geschichte der Dableiber und der Heimkehrer und wie sich Menschen leicht der Situation einfach anpassen, je nachdem, wie es das Beste für sie ist. Parallel dazu steht auch die Geschichte von Armut und Reichtum und wie nah sich beide doch sind. Eine tolle Idee, aus dem armen Hof von Paul Stackl, der kaum Sonne bekam, das Vier-Sterne Skihotel werden zu lassen.

Alles in allem nehme ich der Autorin die ganze Geschichte so ab, als ob es keine Fiktion wäre. Die Teile passen so gut zusammen, dass man fast im Glauben ist, dies ist eine wahre Geschichte. Alles ist glaubhaft -ich habe keine Unstimmigkeiten feststellen können - und geschickt verwoben. Vom Titel her hätte ich das Buch sicher nicht gekauft, aber es ist bisher wirklich mein bestes Vorablesen-Buch!