Erschütternd

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egan80 Avatar

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Franz Kaltner, von seiner kleinen Schwester immer nur “Fanzi” genannt, ist der jüngste Sohn einer Bauernfamilie. Somit ist früh klar - er wird den Hof der Familie nicht fortführen. So erlebt Fanzi eine behütete Kindheit, und kann die Vorzüge genießen, nicht mit dem Erbe des Hofes belastet zu sein. Dann jedoch zieht der Nationalsozialismus in die heile Welt ein, und viele sicher geglaubte gesellschaftliche Rahmen beginnen sich zu verschieben.

“Fanzi” spielt in zwei Zeitebenen. Mit Franz Kaltner erleben wir die Jahre zwischen den beiden Weltkriegen, das Aufziehen des Nationalsozialismus, die damit einhergehenden gesellschaftlichen Veränderungen; seine Enkelin Astrid gestattet uns einen Blick in das gegenwärtige Leben einer modernen jungen Frau. Damit einhergehend gestattet uns “Fanzi” aber immer auch einen Blick über die Ränder hinweg: Franz erlebt in seinem Vater die Veränderungen, die seine Erfahrungen des ersten Weltkriegs verursacht haben. Astrid spürt in ihrer Mutter die Verbitterung und Resignation, die Franz’ Verhalten bei ihr verursacht hat.

“Fanzi” ist kein einfacher Roman. So sehr Elisabeth Schmidauer auch eine in Teilen leichte und einfache Sprache bemüht, wiegt doch die Last der Handlung schwer. Das Leid der Protagonisten, die bis in die Gegenwart fortdauernden Traumata und Selbstvorwürfe, die generationenübergreifenden Schuldzuweisungen lassen einen als Leser nicht kalt - insbesondere im letzten Viertel des Romans, in dem die zuvor aufgebauten Spannungsbögen und Handlungsstränge zueinander finden, die zuvor eingestreuten Details ein klares Bild zeigen. Und damit das Grauen erst voll aufleben lassen.

Und als Leser bleibt uns hier - genau wie den Charakteren - nichts erspart. Die Schrecken und Grausamkeiten der NS-Zeit sind hier nicht abstrakt und theoretisch. Sie sind furchtbar, erschreckend, und unglaublich nah.

“Fanzi” ist ein Muss - und gehört in das Curriculum jedes Deutsch-Oberstufenkurses aufgenommen.