Nette Einblicke ins Leben eines Läufers – mit kleinen Schwächen

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In dem Buch „#Fatboysrun“ erzählt Philipp Jordan von seinen Erlebnissen beim Laufen und verschiedenen wichtigen Stationen in seinem Leben – stets begleitet (zum Teil gar verfolgt) vom „Mehr-Monster“ – dem kleinen Teufelchen in sich selbst, das ihn immer weiter antreibt und mehr will. Deshalb kann Philip auch keine „halben Sachen“ machen – wenn er mit etwas anfängt, dann gleich richtig. Da reicht zum Beispiel auch nicht ein bisschen Joggen, schnell versuchte er sich an einem Marathon, gefolgt von immer längeren Läufen. An einer Stelle beschreibt er dies sehr plastisch: „Aber – chuuu chuu! – der Philipp-Zug rollte, und das Mehr-Monster saß diabolisch lachend im Führerhäuschen“ (S. 175).

Auch optisch begleitet ihn (bzw. die Leser) das kleine Monster: Eine Zeichnung am unteren Seitenrand zeigt Philipps Kopf und das dahinter auftauchende Mehr-Monster, das Kapitel für Kapitel größer wird und gegen Ende des Buches sein Maul schon erschreckend weit aufgerissen hat. Ein nettes (und wohl auch als Daumenkino gedachtes) Detail.

Thematisch nimmt das Laufen – wie bereits vom Titel zu erwarten ist – eine wichtige Rolle ein. Philipp erzählt von seinen Laufanfängen, von Erfolgen und großen Läufen ebenso wie von Rückschlägen und Selbstzweifeln. Im Mittelpunkt steht sein größtes Projekt – der „Home2Home-Run“ von seiner neuen in die alte Heimat. Bei seinen Beschreibungen beschönigt er nichts, sondern erzählt ehrlich und offen und nimmt die Leser auf sympathische Weise mit auf seine Läufe. Zwischendrin erzählt er von wichtigen Projekten und Lebensabschnitten, die ihn sehr geprägt haben – von seiner Krebserkrankung über seine Zeit als Graffitikünstler und seine Drogensucht bis zu seiner über ein Jahr vorbereiteten Kunstausstellung mit selbstgemalten Teddybildern. Diese Einblicke sind sehr unterhaltsam und eine nette Auflockerung der vielen Laufgeschichten.

Philipp honoriert auch immer wieder die Unterstützung seiner Familie und Freunde, ohne die er beim Laufen ebenso wie in anderen Lebenssituationen sicherlich nicht immer sein Ziel erreicht hätte. Und er stellt fest: „Gute Freundschaften erkennt man daran, dass man – unabhängig davon, wie lange man keinen Kontakt hatte – sofort wieder vertraut miteinander ist und man komplett man selbst sein kann“ (S. 140) – dem kann ich nur vollstens zustimmen.

Das Buch enthält viele Bilder von Philipp selbst, seiner Familie, seinen Freunden und Laufbegleitern. Eine an sich schöne Idee, hat man so doch gleich Gesichter vor Augen. Allerdings waren die Bilder – offensichtlich einige mit dem Handy aufgenommene Fotos – von der Qualität teilweise eigentlich zu schlecht, um sie auf einer ganzen Buchseite abzudrucken. Manchmal gab es auch keine Bildunterschriften und die Bilder waren nicht immer genau dort angeordnet, wo die Personen im Text erwähnt wurden. Das hat den Lesefluss etwas gestört und zu einem ständigen Hin- und Herblättern geführt.

Außerdem kamen stellenweise ziemlich viele Personen vor, die nach einem kurzen Absatz aber keine Rolle mehr spielten. Schöner hätte ich gefunden, wenn auf die einzelnen Personen und ihre Beziehung zu Philip etwas detaillierter eingegangen wäre – dann hätten gerne auch ein paar Begebenheiten herausgekürzt werden können. Die Sprache war locker, teilweise aber auch etwas zu gewollt jugendlich-hip – Begriffe wie „krass“, „happy“ oder „Dudes“ oder auch die ganzen Hashtags vor den Kapitelüberschriften (und auch im Buchtitel!) waren meiner Meinung nach nicht nötig (und die Funktion der Letzteren auch nie erklärt).

Auch mit Philipp konnte ich mich persönlich nicht wirklich identifizieren – was an dem Altersunterschied liegen könnte, wahrscheinlich aber vor allem daran, dass ich dieses unbändige Streben nach Mehr, welches das Leitmotiv seinen Lebens zu sein scheint, selbst bisher nicht verspürt habe.

Mein Fazit: Eine leichte Lektüre mit netten Einblicken in das Leben eines sympathischen Läufers – teilweise mit kleinen stilistischen Schwächen und verpixelten Bildern. Für Laufbegeisterte oder jene, die ebenfalls von ihrem persönlichen „Mehr-Monster“ gejagt werden aber sicherlich ein interessantes Buch.