Die begabte Nannerl Mozart

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1766 Salzburg. Die 15-jährige Maria Anna Walburga Ignatia Mozart, genannt Nannerl, spielt neben ihrem jüngeren Bruder Wolfgang Amadeus in der Familie Mozart nur die „zweite Geige“, da sie ein Mädchen ist. Obwohl am Piano ausgesprochen begabt, wird Bruder Wolfgang vom Vater Leopold in allen Belangen gefördert und als Musikgenie an den durchlauchten Höfen Europas vorgestellt, denn in der Kunstszene war zur damaligen Zeit kein Platz für Frauen. Nannerl unterstützt Bruder Wolfgang in jeglicher Weise und ist ihm immer eine gute Ratgeberin. Männer machen der hübschen Nannerl den Hof, doch dann verliebt sie sich auf einem Ball ausgerechnet in Franz Armand d’Ipppold, den Direktor eines Jungeninternats. Als Lehrer ist es Franz nicht erlaubt, eine Ehe einzugehen und besonders wohlhabend ist er auch nicht, so dass er für Nannerl tabu ist. Doch die junge Frau gibt weder ihre Liebe auf, noch lässt sie sich die Musik verleiden, widmet sich weiterhin ihren Kompositionen und ihrem Klavierspiel…
Beate Maly hat mit „Fräulein Mozart und der Klang der Liebe“ eine unterhaltsame historische Romanbiografie vorgelegt, die sich der älteren Schwester von Wolfgang Amadeus Mozart widmet, die dem Allrounder vor allem musikalisch in Nichts nachstand, aber aufgrund ihres Geschlechts zur damaligen Zeit keine Chance hatte. Der flüssige, bildhafte und mitreißende, teils dialektgefärbte Erzählstil nimmt den Leser mit hinein ins 18. Jahrhundert, wo er bei der Familie Mozart in Salzburg einzieht und dort vor allem Nannerls Spuren folgt. Während ihr widerspenstiger, egozentrischer und verwöhnter Bruder Wolferl sich dem Diktat des Vaters beugen muss, der ihn fördert, puscht und mit ihm an die Höfe Europas reist, bleibt Nannerl nur die Position seiner Ratgeberin und starken Schulter, an der er sich zuweilen beklagen und ausweinen kann. Gerade die Rolle der Frau zur damaligen Zeit hat die Autorin besonders hervorgehoben. Sowohl die Kunst- als auch die Musikszene blieb allein Männern vorbehalten, auch wenn Frauen vielleicht sogar talentierter waren. Als Leser fragt man sich oftmals, wieviel Anteil Nannerl wohl an den musikalischen Schöpfungen ihres Bruders hatte. Obwohl Mozart an den adligen Höfen sehr gefragt war, ist es doch verwunderlich, wie viel Schulden sich nach und nach anhäuften und die Familie in die Bredouille brachten. Die Beschreibungen des damaligen Lebensstils, der unterschiedlichen Gesellschaftsschichten sowie der Konzertreisen und Maskenbälle sind der Autorin sehr gut gelungen, so dass der Leser während der Lektüre alles wie einen Film vor dem inneren Auge hatte.
Die Charaktere sind interessant in Szene gesetzt, sie wirken glaubwürdig ihrer Zeit angepasst und vermitteln dem Leser Authentizität. Nannerl ist eine selbstsichere, willensstarke und mutige Frau, die sich durch nichts beirren lässt. Sie nimmt sich immer zurück, ist für ihren jüngeren Bruder Anker und sicherer Hafen zugleich. Sie kennt keinen Neid und sieht oftmals über Verfehlungen ihr am Herzen liegenden Menschen hinweg. Sie ruht in sich selbst, was sie Zufriedenheit ausstrahlen lässt, auch wenn das Leben ihr oft genug Steine in den Weg legt. Bruder Wolfgang ist eher ein verzogener, kindischer, exzentrischer Kerl, der allerdings seine Schwester innig liebt und ebenbürtig behandelt. Seine genialen Kompositionen hat er mit Sicherheit auch seiner Schwester zu verdanken, die ihm musikalisch bestimmt ebenbürtig war.
„Fräulein Mozart und der Klang der Liebe“ ist ein unterhaltsamer, kurzweiliger historischer Roman, der Mozarts Schwester Nannerl wieder lebendig werden lässt. Der fiktive Teil überwiegt in der Geschichte zwar, doch löst er ein wunderbares Kopfkino aus und veranlasst den Leser nach der Lektüre zu weiteren Recherchen. Verdiente Leseempfehlung!