Im Schatten des Genies

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anne_kaffeekanne Avatar

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Die aus Serbien stammende Mileva Marić ist fest entschlossen, als eine der wenigen Frauen in Zürich Physik und Mathematik zu studieren. Sie glaubt, niemals einen Mann finden zu können, der ihr gleichzeitig eine Karriere ermöglicht. Doch dann trifft sie den jungen Albert Einstein und der Traum von einer gemeinsamen wissenschaftlichen Arbeit scheint in greifbarer Nähe. Doch bald muss sie erkennen, dass Albert hinter seiner freundlichen Fassade nicht ihr Wunschpartner ist.

Meine Meinung:
Leider ist die Handlung lange sehr gleichförmig. Albert ist immer gemeiner und die unschuldige Mileva ist jedes Mal wieder entsetzt und überrascht davon, zieht aber keine Konsequenzen und wird auch nicht klüger. Da viele Leser sowieso wissen, wie es in etwa ausgeht, sorgt das nicht für Spannung. Da hätte ich mir zum Ausgleich etwas mehr gewünscht. Vielleicht etwas schillerndere Nebenfiguren (tatsächlich waren die so blass, dass mir ständig ihre Namen entfallen sind, was auch nicht schlimm ist, da sie auftauchen und wieder verschwinden), ein Aufgreifen der politischen/geschichtlichen Situation oder einfach irgendwas, das Milevas Gedanken beschäftigt außer ihr Mann, ihre Kinder und ab und an die Relativitätstheorie. Die ständigen Zeitsprünge machen es auch ein wenig unrund. Als wäre der Autorin nicht genug eingefallen, um die Lücken auszufüllen. Auch ein wenig Einblick in Einsteins Sichtweise hätte mir gefallen. Sicherlich war er kein besonders sozial kompetenter Mensch, aber die Darstellung als Haustyrann und Egomane hinter der netten Fassade ist nicht sonderlich überzeugend. Da hätte ich mir eine Konzentration auf den Wandel von Liebe zu Verachtung gewünscht. Dass eine Liebe erkaltet und am Alltag zerbricht, ist ja nichts Ungewöhnliches und eine darstellenswerte Entwicklung.

Die Frage, wie viel Anteil Mileva an der Entwicklung der Relativitätstheorie hatte ist strittig und wird wohl nie geklärt werden. Die hier vertretene Version kommt mir übertrieben vor. In Briefen ist zumindest belegt, dass Albert Einstein seine Frau nicht sonderlich gut behandelte und sein Verhalten mutet seltsam an. Da ist jedoch sehr viel Raum für Spekulationen. Darauf geht das Nachwort leider nur sehr oberflächlich ein.

Insgesamt ein lohnendes Buch, da es an das Schicksal einer interessanten Frau im Schatten des großen Genies erinnert und Fragen darüber aufwirft, wie sehr solche „Genies“ von anderen Menschen, meist ihren Ehefrauen/Geliebten, unterstützt wurden, um überhaupt so weit zu kommen. Andererseits fehlt der Autorin oft das Fingerspitzengefühl Grautöne einzufangen und nutzt das Potential der Geschichte nicht aus.