Ein Stück Berlin

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saralie Avatar

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Ansgar Oberholz hat mehrere Studiengänge abgebrochen, sich in der Werbebranche versucht und hat nun beschlossen, seinen Traum, mit 50 ein Café zu eröffnen, um ca. 20 Jahre nach vorne zu ziehen. Ein passendes Ladenlokal "begegnet" ihm auf dem Weg zu einer Wurzelbehandlung und so steht der Verwirklichung seines Traumes eigentlich nichts mehr im Weg - außer schwindenden finanziellen Mitteln, zu gutem Wetter (weswegen die Kundschaft erst mal ausbleibt) und Angestellte, für die ihr Job doch irgendwie ein Ponyhof ist... und das in Berlin, am Rosenthaler Platz, in der ehemaligen Aschinger Gaststätte. Einem Ort, der für Ansgar Oberholz nur so vor Geschichte strotzt - und den er auch gerne mit Geschichte und Stoff für Geschichten füllen möchte.

Der Roman ist als autobiographisch zu sehen, weil Ansgar Oberholz hier die Geschichte der Anfänge seines Café erzählt. Inwieweit sich alles genau so zugetragen hat oder Personen bzw. Handlungen erfunden sind, dazu habe ich keinen Hinweis gefunden.

Am Anfang fand ich es schwierig, in das Buch hinein zu kommen. Die Episoden wirken abgehakt, das einzige, was einen roten Faden darstellt, ist das Café. Dazu kommen Figuren, die nur berlinern, wo ich als fern von Berlin lebende Leserin erst mal einlesen muss. Doch nach ca. 10 Seiten (also relativ schnell) ist man in der Geschichte drin, lernt die einzelnen Figuren kennen und vor allem ihre Eigenheiten. Sie sind sehr plastisch dargestellt und ich hab mich bei einigen schon gefragt, warum Ansgar Oberholz sie nicht vor die Tür setzt. Umgekehrt merkt man an seinem eigenen Verhalten, wie dünn sein Nervenkostüm an vielen Stellen ist und wie sehr er darum kämpft, als Chef anerkannt und respektiert zu werden.

Aufgrund der ziemlich eigenen, zum Teil skurrilen, zum Teil schrulligen, zum Teil einfach seltsamen Charaktere, die aber alle mindestens etwas verkörpern, was ich als "Berliner Charme" bezeichnen würde, bin ich skeptisch, ob das Buch jedem gefallen wird. Mir hat es gefallen, aber ich bin nicht repräsentativ für die Mehrheitsmeinung :)

Meine Meinung aus meinem Eindruck zur vorablesen-Leseprobe, bei der ich nicht wusste, ob das Buch was für mich ist, weil ich alles sehr verwirrend und skurril fand, muss ich revidieren. Das Buch hat seine skurrilen, verzweifelten, unverständlichen Seiten, aber ich fand es trotzdem (oder vielleicht deswegen?) gut.

Fazit: Am besten mal reinlesen, aber für Menschen, die Berlin mögen oder sich für Cafés und die Geschichten hinter den Kulissen interessieren, dürfte es etwas sein.