Als Schullektüre durchaus geeignet...

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Als Gymnasiallehrerin bin ich immer auf der Suche nach neuer Literatur für den Unterricht. Von der Autorin Lea-Lina Oppermann kenne ich bereits das Erstlingswerk „Was wir dachten, was wir taten“, das mir durchaus gefallen hat. Daher hatte ich auch eine gewisse Ahnung bzgl. „Fürchtet uns, wir sind die Zukunft“.
Das Cover sowie auch die Leseprobe konnten meinen ersten Eindruck positiv bestätigen, ebenso dann die abschließende Lektüre des Romans. Ich halte ihn auch für einsetzbar in der Schule. Positiv ist nämlich der flüssige Schreibstil, mit dem die Klassen heute sicher etwas anfangen können. Auch der Umfang des Romans, zumal viele Seiten nicht voll beschreiben sind, ist sicher ansprechend. Doch zum Kernstück, dem Inhalt: Ich glaube, dass dieser Inhalt die jungen Menschen von heute abholen kann, denn sie können sich in dem Protagonisten Theo Sandmann wiederfinden. Theo ist zwar ein begnadeter Pianist und wurde gerade an einer Musikakademie aufgenommen, er ist aber auch irgendwie ein Einzelgänger, dessen Leben aus Struktur und Übung besteht und der wenig mit Ungebundenheit und Konversationen anzufangen weiß. Ein Protagonist, der sich - vielleicht gerade deswegen - von Aida, einer weiteren Studentin, angezogen fühlt, die DIE ZUKUNFT klar im Blick hat, die ihre eigenen, persönlichen Interessen verfolgt und sich von anderen nichts diktieren lassen will. Das imponiert - auch die Leser. Ebenso der Umstand, dass nun auch Theo bereit ist, für Aida Wagnisse einzugehen, die am Rande der Legalität sind bzw. sogar darüber hinaus gehen. Als Deutschlehrerin stechen mir dafür auch die drei Reden Aidas in den Blick, die sich gut eignen, um herauszufinden, worin ihr Reiz liegt und warum Theo sich so mitreißen lässt. Dies muss jedoch mit den Jugendlichen gründlich aufgearbeitet werden, denn es bleibt auch nach der Lektüre ein fader Beigeschmack, dass das in Ordnung sei und dass man sich über alles hinwegsetzen kann. Mir fehlt hier eindeutig die Ahnung einer Einsicht, mag sie auch noch so klein sein. Das hängt letztlich auch damit zusammen, dass mir der eigentlich sehr sympathische Charakter Theo Sandmann vor allem in den letztenZügen des Romans zu flach gezeichnet ist und seine Entwicklung damit stagniert bzw. zu gering ausfällt. Ein Roman muss keineswegs die Läuterung darstellen, er müsste aber die reflexive Auseinandersetzung der Figur mit seinen Taten zeigen, denn das wäre auch Theos Charakter. Wir können zwar mit dem letzten Satz erahnen, dass Theo sich weiterentwickelt, welche Richtung seine Zukunft aber einschlägt, bleibt unbestimmt und kann in diverse Richtungen gehen.

Insgesamt halte ich das Werk als Schullektüre für geeignet, weil die Handlung linear verfolgt und leicht nachvollzogen werden kann und keine sprachlichen Hürden zu finden sind. Leider bleiben die Charaktere flach.