der faszinierende Weg der blinden Agentin zu sich selbst

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Fünf Jahre ist es her, seitdem Jenny Aaron durch eine Kugel ihr Augenlicht verlor.
Auf den Spuren der Vergangenheit, als unterschwellige Bedrohung, tritt eine gefährliche Gegenspielerin in ihr Leben. Eine, die wie Aaron in früher Kindheit von ihrem Vater aufgrund seiner Geisteshaltung zu einem Erfüllungsgehilfen erzogen wurde. Doch mit welcher Konsequenz, mit welchem Werdegang? Jenny Aaron konfrontiert sich mit ihren Schatten, um Frieden zu finden - mit überraschenden, doch logischen Konsequenzen.

Die Welt der Agenten ist eine ganz Eigene, ein Konstrukt mit trainierten Haltungen, die die unterschiedlichen Charaktere hervorbringt. Andreas Pflüger stellt fikitv einige davon vor und zeigt als Gegenpol zur konzentrierten Disziplin deren Hoffnungen, Wünsche – seien sie metaphysischer oder familiärer Art. Die Protagonisten werden zunehmend plastischer und deren Sensibilität berührt.

Die Wahrheit aufzudecken und zu handeln - das Motto der „Abteilung“, einer geheimen Sparte des BKA. Wo ist die Grenze der Moral, der Ethik – wo wird sie überschritten,was bedingt der eine Moment der Entscheidung für das weitere Leben?

Gerade der hervorragend recherchierte und konsequente Aufbau von Andreas Pflügers Romanen wirkt jederzeit glaubwürdig. Lediglich „Daredevil“ Aaron scheint ein außergewöhnliches Zusammenspiel von Kräften zu sein: fernöstliche Kampfkunst sowie perfekte Beherrschung der Echoortung, gepaart mit Attraktivität und Klugheit. Spannung pur in einer Welt der Gewalt, der taktischen Kriegsführung für Gerechtigkeit, immer am Limit der Kräfte. Die Welt der Blinden ist plastisch und faszinierend dargestellt und grundlegend neu für Sehende:„sobald wieder Bilder in ihrem Cortex ankommen, stehen die Sehzellen für andere Sinne nicht mehr zur Verfügung“.

Viele Vergleiche aus Kultur und Geschichte und ungewöhnliche Metaphern beeindrucken als Poesie. Mein Lieblingssatz: „Die anderen sind eine Galerie aschgrauer Masken, Kabuki-Theater mit Männern in Frauenkostümen, die stumme Anklage im vierten Akt.“
Kein Satz ist zuviel, die Handlungsgeschwindigkeit hoch. Die Recherche hervorragend und glaubwürdig – und die Belohnung die bereichernde Sprachkunst.
Einfaches Lesevergnügen ist bei Andreas Pflüger nicht angesagt. So wie von seiner Protagonistin , verlangt er auch vom Leser ein diszipliniertes Maß an Aufmerksamkeit. Zum umfassenden Verständnis wünschenswert wäre das Lesen der beiden vorangegangenen Romane „Endgültig“ und „Niemals“. Absolute Empfehlung für alle drei Romane!