Gelöscht- eine unvergessliche Neuerscheinung!

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nusscookie Avatar

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Informationen: Trilogie, erschienen bei Coppenrath, Münster

Kyla ist 16 und wurde geslatet. Ohne eine einzige Erinnerung an ihr vergangenes Leben verbrachte sie neun Monate im Krankenhaus. Doch danach kommt sie zu einer Pflegefamilie bzw. zu ihren neuen Eltern. Nur Widerwillig verlässt sie das Krankenhaus, denn wie alle Slater hat sie keine Wahl. Sie kann nicht in ihr altes Leben zurück, denn das ist der Effekt des Slatens: Man kann sich an gar nichts mehr erinnern, was in seinem Leben davor passiert ist. Zudem muss jeder Slater ein sogenanntes Levo an seinem Handgelenk tragen. Dieser überwacht, dass die Slater auch ja glücklich sind. Werden sie wütend, schaltet der Levo den Slater aus, was zu dessen Tod führen kann. Doch Kyla ist anders. Sie hat nicht nur Alpträume, welche Erinnerungsfetzen aus ihrem früheren Leben zeigen, sie wird auch bei Wut nicht ausgeschaltet. Wie ist das nur möglich? Sie dürfte ja keine Erinnerungen mehr haben! Sie beginnt zu Zweifeln: An sich, an dem Slaten und an der Regierung.

Erwartung:
Die Leseprobe hat mich sehr angesprochen. Viele Fragen sind in meinem Kopf aufgetaucht. Ich erhoffte mir so einige Antworten, welche noch geklärt werden sollten, im Laufe des Buches. Ich konnte es gar nicht schnell genug in meinen Händen halten! Da ich ein Vorab-Exemplar gewonnen hatte, fieberte ich dem Paket entgegen und habe es egelrecht verschlungen.

Erster Satz: „Ich renne.“ (Seite 5)

Meinung:
Nachdem ich den Buchdeckel zugeklappt hatte, juckte es mich in den Fingern sofort zum nächsten Band zu greifen. Blöd nur, wenn man den ersten Band einer Trilogie in den Händen hält und der nächste Teil „Zersplittert“ erst im Frühling 2014 erscheint. „Ernsthaft? So lange noch?“, hab ich mir gedacht. Aber naja, jetzt heißt es entweder warten oder auf Englisch weiter lesen.
Kommen wir jetzt aber zu meiner eigentlichen Meinung. „Gelöscht“ ist in 51 kurze Kapitel gegliedert und trotz seiner knapp 430 Seiten lässt es sich schnell lesen, was sicher am tollen Schreibstil der Autorin liegt. Am Anfang der Geschichte ist alles sehr langsam, was ich als sehr passend empfunden habe. Der Leser ist genauso ahnungslos wie Kyla selbst. Ich fand sie von Anfang an sympathisch, was sicher an ihrer ironischen Art lag.
Ihr vermeintliche Zuhause, das Krankenhaus, beschreibt sie bei ihrer Entlassung als eine Art Gefängnis, was sie jedoch erst nicht wahrnimmt. Doch nach und nach erfährt man zusammen mit Kyla Dinge, die nicht nur sie, sondern auch den Leser verwirren, bewegen und wütend machen. Immer mal wieder erhält man kurze Einblicke in die Zukunft des Vereinigte Königreich im Jahre 2054, welches die EU verlassen und die Grenzen geschlossen hat. Ich fand die Idee und generell die Umsetzung mehr als nur Möglich. Wer weiß schon, wo wir in ca. 40 Jahren stehen werden? Die Terroristen werden von den Lordern bekämpft, Kriminelle Jugendliche erhalten durch das Slating eine zweite Chance und alle sind Teil einer großen, tollen Familie! Was anfangs so scheint, als wüsste man, wer „gut“ und wer „böse“ ist, wird im Laufe des Buches immer schwieriger. Wem kann man vertrauen? Ben? Ihrer Mutter? Kyla muss viele Verluste einstecken. Sie erlebt, wie Bekannte und sogar Lehrer wegen ihrem „unangepasstem“ Verhalten von den Lordern abgeführt werden. Nach und nachkommt sie einer schrecklichen Wahrheit auf die Schliche. Kyla ist nicht Kyla. Sie war zuvor ein 10jähriges Mädchen, das auf einer Vermissten-Website gesucht wird. Zusammen mit ihrem Laufpartner Ben werden die Zweifel immer größer, bis schließlich etwas Unvorstellbares geschieht.

Für mich sind viele Fragen offen geblieben, die hoffentlich im zweiten Band noch beantwortet werden. Ich bin mir sicher, dass Kylas Mutter noch eine wichtige Rolle einnehmen wird. Sie hat etwas, dass mich denken lässt, sie wüsste mehr als sie sagen darf. Generell ist das Buch voller Wendungen, die man nicht voraus sehen kann. Man denkt, dass man endlich wüsste, wer auf welcher Seite steht und dann –BAM! Die Stimmung ist spannen, aber auch traurig. Und ganz plötzlich kommt am „Ende“ eine unerwartete Wende, die den Leser mit einem „Wie-soll-ich-es-nur-bis-zum-nächsten-Band-aushalten“- Gesicht zurücklässt.
Eine Geschichte die faszinierend undschockierend zugleich ist. Eine Protagonistin, deren Ängste wirklich nachvollziehbar sind und die Frage: „Wie würde ich in ihrer Situation handeln?“

Von mir eine klare Kauf- bzw. Leseempfehlung, auch wenn das Buch noch Luft nach oben hat: 4,5 Sterne.