Das Buch der Bücher

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murksy Avatar

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Eigentlich schreibt Lydia Sandgren in ihrem fulminaten Mammutdebut über 870 Seiten lang nur über ganz gewöhnliche Menschen. Aber vielleicht ist das gerade der Reiz der Geschichte um einen Verleger, seine Frau und den gemeinsamen Freund, den Künstler. Der Leser begleitet in Zeitsprüngen die Entwicklung der jungen Schein-Rebellen zu etablierten Erwachsenen, mit all ihren Sorgen und Nöten. Als roter Faden, der eine enorme Spannung aufbaut, zieht sich das plötzliche Verschwinden von Cecilia und die Suche ihrer Tochter nach der Mutter durch das Buch. Sandgren liebt die Literatur, das spiegelt sich in jedem Satz, in jedem Zitat, in jedem Bezug auf berühmte Autoren und ihre Werke wieder. Voller kluger Philosophie und Psychologie beschreibt das Buch die Protagonisten bei ihrem Versuch, das Leben zu meistern, jeder auf seine Art. Doch zum Leben gehört auch immer wieder scheitern. Und die Erkenntnis, dass man sich vielleicht in der Buchwelt verstecken kann, aber trotzdem das reale Leben andere Geschichten schreibt. Intelligent und eloquent, auf den Spuren von Irving und Updike wandelt, lässt die Autorin ihre Figuren mit jeder Pore authentisch wirken. Der Leser wird zum treuen, aber auch voyeuristischen Wegbegleiter der Protagonisten, neugierig nach der Wahrheit suchend. Fast zehn Jahre schrieb die Autorin nach eigenen Angaben an dem Werk, das mit Knausgard kokettiert, aber nicht verglichen werden sollte. Ein wort- und bildgewaltiges Lesevergnügen, das mich von Anfang bis Ende gefesselt hat, und bei dem Umfang ist das keine Selbstverständlichkeit. Als Quellenleser, so manches Buch zieht viele Folgelesungen nach sich, hätte ich mir als kleines Schmankerl eine Zusammenstellung aller Bücher und Autoren gewünscht, auf die sich die belesene und sprachgewandte (wer über gute Fremdsprachenkenntnisse verfügt, hat noch mehr Freude an dem zitatenreichen Werk) Schriftstellerin beruft. Bravo, darf man anerkennend rufen!