Eine große Portion Literatur

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katercarlo Avatar

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Was sollen die Augen auf dem Cover bedeuten? Welchen besonderen Roman hat der mare Verlag hier wieder entdeckt? Und wer kommt auf die Idee seinen Debütroman Gesammelte Werke zu nennen? – diese drei Fragen kamen mir in den Sinn, als ich das erste Mal auf dieses Buch stieß. Sie alle haben mich dazu gebracht diese 900 Seiten lange Lektüre auf mich zu nehmen.
Die Augen kann ich mir auch nach dem Lesen noch nicht eindeutig erklären. Vielleicht geht es um Perspektiven. Die Geschichte springt zwischen Erzählern, Zeiten und Orten, erlaubt immer wieder neue Perspektiven und zeigt dem Leser so spielerisch Parallelen und Zusammenhänge auf. Vielleicht geht es aber auch um Einblicke. Denn Einblicke gewährt dieses Buch reichlich. In das Leben seiner Protagonisten, allen voran Martin Berg. Ihn begleiten die Leser von Kindheit über Jugend und Studium bis in seine Gegenwart als Vater und Verleger. Aber auch in das Leben seines berühmten Künstlerfreunds, seiner verschwundenen Frau und seiner Kinder bekommen die Leser Einblick. Ebenso wie in die Welt der Literatur, der Schriftsteller und Künstler. Das Buch möchte mehr zeigen, als eine zielgerichtete Handlung.
Das erklärt auch die Länge des Buches, die durchaus abschreckend und demotivierend sein kann. Ich bin nicht durch die Seiten geflogen und hätte mir hier und da eine Kürzung gewünscht. Trotzdem finde ich, hat der mare Verlag hier tatsächlich wieder einen besonderen Roman entdeckt. Über die nötige Länge lässt sich streiten, aber alles anderem an dem Buch überzeugt: Der Schreibstil ist angenehm, unterhaltsam und geschickt. Die Geschichte ist bis ins Detail durchdacht und die Personen werden, gerade auch dank der Länge des Buches, sehr fein und klar gezeichnet.
Am Ende weiß ich, dass der Roman seinen Titel nicht der Hybris seiner Autorin zu verdanken hat, sondern dem Gesamtkonzept der Erzählung. Diese setzt sich Stück für Stück, über erzählte Jahre und gelesene Seiten zu den gesammelten Werken des Protagonisten zusammen.
Ich habe das Buch gerne gelesen, kann es aber nur ausdauernden Lesern empfehlen, die sich gerne tief in das Leben der Protagonisten hineindenken und sich Gedanken über Literatur und Kunst machen wollen.