Für Literaturliebhaber*innen

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An „Gesammelte Werke“ von Lydia Sandgren kommt man seit Wochen nicht mehr vorbei und zwar zurecht. Es ist eine intelligente, feinsinnige Hommage an die Literatur und absolut lesenswert.
Erzählt wird die Familiengeschichte der Bergs, wozu auch Gustav, Martins bester Freund und erfolgreicher Künstler, gehört. Sie ist geprägt durch das Verschwinden von Cecilia, die ganz plötzlich Ehemann Martin und ihre beiden Kinder Rakel und Elis verlässt. Dabei geht Lydia Sandgren nicht rein chronologisch vor. In den ersten beiden Teilen wechselt Martins Perspektive, die in seiner frühen Jugend anfängt, lange bevor er Cecilia kennenlernt und wo Gustav noch die wichtigste Person in seinem Leben ist, mit der von Rakel, die mittlerweile Psychologie studiert und von Martin fast schon genötigt wird, deutsche Romane zu sichten, die er in seinem Verlag veröffentlichen will. Beide Erzählstränge ergänzen sich zu detaillierten Charakterstudien der einzelnen Familienmitglieder. Man erfährt wie sehr Martin für Literatur brennt, wie er Cecilia kennenlernt, wie sich eine Art Dreiecks-Freundschaft zwischen Martin, Gustav und Cecilia entspinnt, wie sie erwachsen werden. Und über allem schwebt die Frage, wie eine Mutter einfach so ihre Familie verlassen konnte. Der Antwort nähert man sich durch Martins Erzählung und Rakels Nachforschungen, Puzzlestück für Puzzlestück.
Der Plot ist gelungen konstruiert und die Charaktere vielschichtig gezeichnet. Es macht Spaß immer mehr über Cecilia zu erfahren, über die Dynamik der Beziehung und die Rollen, die jede*r Einzelne im Laufe der Zeit einnimmt. Es ist komplex, daher ist die Fülle von über 870 Seiten nicht verwunderlich, aber jede Einzelne hat ihre Daseinsberechtigung. Darüber hinaus ist der Roman eine Liebeserklärung an die Literatur, an das Schreiben und Lesen. Literaturliebhaber*innen werden sich darin verlieren. Es ist leicht zu lesen und gespickt mit wunderbaren Formulierungen. Und wie es bei solchen Büchern ist: man möchte nicht, dass es endet.