Schwedische Familienaufstellung

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
nil Avatar

Von

Man könnte meinen, dass die Autor:innen während der Pandemie zu viel Zeit zum Schreiben hatten, wenn solche dicken Wälzer das Endergebnis sind wie „Gesammelte Werke“ (874 Seiten) von Lydia Sandgren, erschienen im Mare Verlag. Aber ich kann dem entschieden entgegensetzen, dass an dem Debüt der nun praktizierenden Psychologin 10 Jahre lang gefeilt wurde! Hier steckt jede Menge Herzblut drin. Noch dazu, ist dieses Buch ein Erstlingswerk und Lydia Sandgren erlaubt sich den ersten Schabernack mit dem Titel, denn es sind nicht „Gesammelte Werke“ sondern der Titel des Romans lautet so.
Es geht um einen Göteborger Verleger namens Martin Berg und dessen Familie. Er und seine Frau Cecilia haben 2 Kinder miteinander, Rakel und Elis. Cecilia ist das glatte Gegenteil ihres Mannes, eine Wissenschaftlerin mit Struktur und Hang zum Rationalen. Nach Elis Geburt wurde Cecilia depressiv und verschwand eines Tages. Mit Mitte 20 findet Rakel ein eingesendeten Manuskript, in dem ihre Mutter verschriftlich wieder auftaucht und beginnt die Spur zu diesem Autor aufzunehmen.
Das ist der Hauptstrang des Romans. Der Roman hat diese Gegenwartsebene, die im Jahr 2012 angesiedelt ist, dann ein weiterer in der Vergangenheit zu Martins Gymnasialzeiten. Eingestreut ist ein dritter Part mit Interviews. Neben der Familienkonstellation gibt es noch eine Schlüsselfigur im Roman und zwar Gustav, ein befreundeter Künstler des Paares.
Die Schwedin hat diesen Roman mit erstaunlicher Detailtiefe geschrieben, aber bei weitem nicht alles wird beschrieben! Trotz der Länge gibt es Interpretationsspielraum. Ich habe mich gefragt, wie die Autorin das geschafft hat in 10 Jahren hier nicht den Faden zu verlieren und so rund zu schreiben. Zum Ende hin ging der Autorin eventuell schon die Puste aus, da wird es dann nicht mehr so stringent und hätte vielleicht noch mal etwas Nacharbeit Bedarf mit dem Lektorat.

Fazit: Ein schönes Geschenk für Literaturliebhaber, denn auch die Literatur selbst ist hier allgegenwärtig ein Thema und zudem ein schöner Roman.