Weniger ist mehr

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heinoko Avatar

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Warum, frage ich mich, beginnt eine 20-jährige junge Frau an diesem Werk zu schreiben, um es nach 10 Jahren als studierte und praktizierende Psychologin mit Zusatzstudium in Philosophie und Literaturwissenschaft zu veröffentlichen? Über 900 Seiten stark, in einer augenfeindlich kleinen Schrift? Wie viele Menschen werden das Buch wirklich von vorne bis hinten lesen? Gut, man kann die Sprache loben. Man kann hervorheben, dass das Buch eine Hommage an die Literatur ist. Aber braucht es dazu mehr als 900 Seiten? Braucht es dazu dieses ausufernde, ausschweifende, von Thema zu Thema, von Person zu Person, von Zeit zu Zeit springende Erzählen? Welchen Gewinn bringt mir die Lektüre dieses Werks, das ich persönlich als eine Zumutung an den Leser empfinde?

Da ich nur eine Frist von 3 Wochen zum Lesen und Rezensieren hatte, kann ich keine Gesamtschau zum Buch abzugeben, schon gar nicht die Beantwortung meiner in mir schwelenden Frage nach dem Warum dieses Romans. Der Inhalt, wie er vom Verlag angegeben und überall nachzulesen ist, erscheint mir ein recht mühevoller Versuch zu sein, einen roten Faden in der Fülle der Seiten zu entdecken.

Vielschreiberei beeindruckt mich genau so wenig wie Menschen, die mit Logorrhoe ihre Umwelt traktieren.

Vielleicht hatte die Autorin die Vorstellung, ähnlich wie in tiefenpsychologischen Sitzungen mit Bildern, Erlebnis- und Erinnerungsfetzen und Assoziationen zu arbeiten, um einen klareren Blick zu bekommen (siehe die Augen auf dem Cover), und zwar auf die geschilderten Menschen ebenso wie auf ihr eigenes So-Sein? Warum dann so viele abfällige Urteile? Möchte ich wirklich wissen, dass der Autorin der Pullover eines ihrer handelnden Personen nicht gefällt? Oder dass ihr, die sie so jung ist, die Diskussionsteilnehmer verknöchert alt vorkommen?

Mich beeindrucken Autoren, die das, was sie zu sagen haben, sprachlich wohlgeformt auf den Punkt bringen.

Völlig unbeeindruckt lassen mich die die, die kein Ende darin finden, ihre zweifellos vorhandene sprachliche Brillanz und ihr philosophisch-literarisches Wissen vor uns so breit auszubreiten, bis „Gesammelte Werke“ zu schwer ist, zu schwer zum Halten beim Lesen, zu schwer, um den Wesenskern der Geschichte zu entdecken.

Vielleicht fällt mein Urteil irgendwann wohlwollender aus, wenn ich das Buch zu Ende gelesen habe. Falls ich es zu Ende lesen werde. Ganz bestimmt jedoch komme ich nicht zu einem lobenden Schluss, um mich damit als besonders literarisch-psychologisch-philosophisch-bibliophil darzustellen.