"Wie konnte jemand einen geliebten Menschen verlassen?"(S.123)

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jojo007 Avatar

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Bei dem Buch "Gesammelte Werke", geschrieben von Lydia Sandgren, stechen einem zunächst einmal zwei Dinge ins Auge.
Erstens nämlich das vielleicht nicht optimal gewählte Cover, welches mich, zusammen mit dem Titel, unglücklicherweise zuerst an ein Sachbuch über Literatur anstatt an einen Roman hat denken lassen. Im Verlauf der Geschichte erkennt man aber das Motiv hinter den abgebildeten Augen.
Bei einer Leseentscheidung sollte sich hier jedoch ganz klar mehr nach dem Klappentext als nach dem Cover gerichtet werden.
Zweitens fällt sofort der enorme Umfang des Buches auf. Mit ganzen 874 Seiten kann es schon als "schwerer Wälzer" bezeichnet werden. Diese Tatsache sollte aber keinen ambitionierten "Gerneleser" ausbremsen. So ist das preisgekönte Werk "Die Gestirne" beispielsweise sogar 1040 Seiten lang und die von so vielen Fans verschlungene Twilight-Reihe summiert sich in allen Bänden auf sage und schreibe 2478 Seiten!
Da sollte doch auch "Gesammelte Werke" zu stemmen sein!
Außerdem wird die lange Lesemüh auch entsprechend durch wortgewandte Tiefe entlohnt.

Ganz grob beschrieben handelt die Geschichte von dem Verleger Martin Berg, der sich aufgrund einer Schaffenskrise in Erinnerungen zu verlieren droht. Seine Tochter Rakel ist unterdessen davon überzeugt, ihre vor langem verschwundene Mutter Cecilia in einem Roman ausfindig gemacht zu haben ...

Den Umfang bedingend sind viele Zweige der Geschichte außerordentlich fein ausgearbeitet und verleihen dem ganzen eine besondere Tiefe.
Auch sind sämtliche Charaktere genau das, nämlich Charaktere. Nicht nur stümperhaft angedeutete Figuren, sondern Personen, so real, als kenne man diese wirklich im realen Leben. Literarisch ist Sandgren also ein Kunstwerk gelungen, eine Geschichte zu schaffen, die so unwirklich und doch so wirklich ist. Greifbar und doch wieder nicht!
Ein Buch, geprägt von Akademikern und Künstlern, der Literatur und der Philologie. Sehr empfehlenswert!