Eine Enttäuschung

Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern Leerer Stern Leerer Stern
bertidunsche Avatar

Von

Eine Mischung aus stereotyper Gesellschaftskritik sowie einem äußerst unsympathischen Protagonisten machte mir die Lektüre des aktuellen Romans von Louise Jacobs nicht leicht. Ich habe drei Tage für das Buch gebraucht. Die rund 250 Seiten in durchaus angenehmer Sprache wären auch schneller zu schaffen gewesen, doch die Geschichte um Leo Becker hat mir dermaßen schlechte Laune bereitet, dass ich freiwillig Lesepausen eingelegt habe.

Ich hatte mir tiefere Einblicke in die Welt der Kunst erhofft, ich habe jedoch nur eine allgemeingültige Kritik an der Gesellschaft bekommen. Jacobs schildert die Oberflächlichkeit der Gesellschaft, nur noch Geld und Erfolg zählen; Leos Bilder interessieren nicht mehr wirklich, es geht nur noch darum, einen “echten Becker” im Wohnzimmer hängen zu haben. Natürlich mag sich die Kunstszene extrem in diese Richtung entwickelt haben, aber diese gesellschaftlichen Tendenzen sind auch durchaus in vielen anderen Bereichen zu erkennen. Leo geht in dieser Welt unter, er wird mehr und mehr zu einem Wrack. Dennoch scheint er eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf Frauen auszuüben, die ich als Leserin überhaupt nicht nachvollziehen kann. Von Anfang bis Ende bleibt er mir unsympathisch und schattenhaft, ich habe keine genaue Vorstellung  von ihm. Seine Frau und “rechte Hand” Rahel tut mir leid, da sie sich ohne ihn verloren fühlt und meint, sich nur über ihren erfolgreichen Mann identifizieren zu können und ein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft zu sein. Besser gefällt mir da Leos ehemalige Freundin Ebba, die den Absprung von ihm - wenn auch mit einigen Mühen - geschafft hat.

Es bleibt die Frage, was Jacobs mir mit diesem Roman sagen will. Tiefere Erkenntnisse über die Kunst habe ich nicht erhalten, die immer wieder vorgetragene Gesellschaftskritik lässt sich meiner Meinung nach auf beliebig viele andere Bereiche übertragen, Handlungen und Gedanken der Hauptpersonen kann ich nicht nachvollziehen. Alles in allem war das Werk eine Enttäuschung für mich, da ich mit recht hohen Erwartungen an diesen Roman herangegangen bin.